Obama hofiert die neue "Weltmacht" Indien

Neu Delhi. Seine Ansprache vor dem Parlament schloss US-Präsident Barack Obama gestern mit dem Ruf indischer Patrioten: "Jai Hind" - "Sieg für Indien". Und tatsächlich kann Indien nach dem Besuch des mächtigsten Mannes der Welt triumphieren

Neu Delhi. Seine Ansprache vor dem Parlament schloss US-Präsident Barack Obama gestern mit dem Ruf indischer Patrioten: "Jai Hind" - "Sieg für Indien". Und tatsächlich kann Indien nach dem Besuch des mächtigsten Mannes der Welt triumphieren. Obama erfüllte die größten Hoffnungen, die die Regierung in Neu Delhi in ihn setzen konnte: Er sagte Washingtons Unterstützung für einen ständigen Sitz Indiens im Weltsicherheitsrat zu. Und noch nie hat ein US-Präsident die aufstrebende Wirtschaftsmacht derart hofiert. Wie stark Indiens Bedeutung gewachsen ist, zeigt die Besuchsfrequenz amerikanischer Präsidenten: Sechs von ihnen waren seit der Unabhängigkeit 1947 in Indien, drei davon allein in den vergangenen zehn Jahren. Als Bill Clinton 2000 in Neu Delhi landete, hatte den Indern zuvor seit 1978 kein Amtsvorgänger mehr die Aufwartung gemacht. George W. Bush kam 2006 zu einem historischen Besuch: Mit einem Abkommen beendete er die internationale Isolation der Atommacht Indien im zivilen nuklearen Bereich. Bush wird dafür in Neu Delhi bis heute gefeiert. Obama konnte nun mit der Unterstützung für den Sicherheitsratssitz punkten. Und er überschüttete seine Gastgeber mit Lob: Das einstige Entwicklungsland - das immer noch mit weit verbreiteter Armut, einer bröckelnden Infrastruktur und Korruption zu kämpfen hat - ernannte er kühn zur "Weltmacht". Mehrfach wiederholte er, die amerikanisch-indische Partnerschaft werde dieses Jahrhundert prägen. Premierminister Manmohan Singh dankte es, indem er den Besucher einen "persönlichen Freund und großen charismatischen Führer" nannte. Singh demonstrierte aber auch das wachsende Selbstbewusstsein seines Landes, in dem sich die Mächtigen der Welt inzwischen die Klinke in die Hand geben. Er sprach davon, dass die Supermacht USA und das aufstrebende Indien ihre strategischen Beziehungen zum Nutzen des Weltfriedens ausbauen würden - als "gleichberechtigte Partner". Neu Delhi hat sich bereits in der Vergangenheit nicht von dem mächtigen Freund aus Washington hereinreden lassen. Und längst nicht in allen Fragen stimmen die Partner überein. So unterhält Indien zum Missfallen der USA freundschaftliche Beziehungen zum Iran und zu Birma. In Afghanistan sind die Inder strikt gegen die von Washington unterstützte Linie, mit den Taliban zu verhandeln. Vor allem aber liegen beide Länder beim Umgang mit dem indischen Erzfeind Pakistan über Kreuz. Die USA sehen in Pakistan immer noch einen Partner im Kampf gegen den Terrorismus, weswegen sie jedes Jahr Milliarden Dollar an Islamabad überweisen. Indien hält den Nachbarn dagegen für einen Quell des Terrors, gegen den Islamabad nicht vorgeht. Gelöst wurden die Unstimmigkeiten nicht, überschatten konnten sie den bisher längsten Auslandsbesuch von Obama auch nicht. Indien und die USA zementieren mit der Visite ihre noch relativ junge Freundschaft. Das dürfte beim Rivalen China auf Misstrauen stoßen. dpa

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