NSU-Terroristen bereits 2006 von Zeugin erkannt

München · Schon 2006 gab es Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen einem Mord in Nürnberg und dem Bombenanschlag in Köln. Eine Zeugin erkannte die Täter auf einem Video – die Spur wurde aber nicht verfolgt.

Eine Zeugin des NSU-Mordes an Ismail Yasar hat bereits 2006 die mutmaßlichen Täter auf Videoaufnahmen vom Bombenanschlag in der Kölner Keupstraße wiedererkannt. Das berichtete die Nürnbergerin am Freitag im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München. Sie hatte am 9. Juni 2005 an dem von Yasar betriebenen Döner-Imbiss in Nürnberg zwei Männer in Fahrradkleidung beobachtet. Der eine habe dem anderen einen Gegenstand in den Rucksack gesteckt, sagte sie.

2006 wurden der Zeugin dann die Aufnahmen einer Überwachungskamera in Köln vorgespielt, die aller Wahrscheinlichkeit nach die Neonazi-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos kurz vor dem Bombenanschlag in der Keupstraße zeigten. Sie sei damals "sehr sicher" gewesen, dass es sich um dieselben Männer handele, berichtete die Frau. Die Polizeibeamten hätten die Aussage jedoch bei der Protokollierung etwas abgeschwächt und ein "ziemlich sicher" daraus gemacht. "Es hieß vonseiten der Polizei: Wenn Sie nicht zu 150 Prozent sicher sind, dann können wir das nicht so schreiben."

Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags hatte sich schon im Juni mit der Aussage der Frau befasst. Ein Ermittlungsbeamter aus der damaligen Sonderkommission "Bosporus" hatte damals gesagt, die Zeugin sei sich sicher gewesen, er habe die Formulierung "ziemlich sicher" im Protokoll aber als ausreichend angesehen. Später wurde beschlossen, die Video-Spur nicht mehr weiterzuverfolgen. Zur Begründung hatte der Beamte im Ausschuss gesagt, es sei auch nur diese eine Zeugenaussage gewesen, die in Richtung Köln gewiesen habe. Zudem habe die dortige Tat - ein von Radfahrern verübter Bombenanschlag - nicht zu den anderen Morden gepasst. "Was man nicht sehen wollte, hat man nicht gesehen", kommentierte Nebenklage-Anwalt Mehmet Daimagüler nach der Verhandlung in München. Erst nachdem die Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) 2011 aufflog, wurde klar, dass es sich um dieselben Täter handelte.

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