Niederlagen für die Kanzlerin

Brüssel · Für Angela Merkel ist der EU-Gipfel in Brüssel nicht zufriedenstellend verlaufen. Einigungen zu Wirtschaftsreform und Bankenunion verzögern sich, die Verhandlungen mit der Ukraine werden schöngeredet.

Die Bundeskanzlerin hatte sich für diesen EU-Gipfel viel vorgenommen: verbindliche Wirtschaftsreformen, engere Zusammenarbeit für mehr Wettbewerbsfähigkeit vor allem zugunsten der schwächeren Partner. Doch als es in der Nacht zum Freitag ernst werden sollte, mauerten immer mehr Staats- und Regierungschefs. "Die Fortschritte verlaufen sehr langsam", räumte Angela Merkel nach dem Ende des zweitägigen Treffens in Brüssel ein. Je mehr der Druck der Krise nachlässt, umso stärker werden die Widerstände gegen die Pläne der deutschen Regierungschefin, die den Euro-Raum mit einem eigenen Etat ausstatten will.

Die Partner ergingen sich in Wortklaubereien: Was heißt "bindend"? Was ist mit "freiwillig" gemeint? Einige fürchten wohl auch eine "Planwirtschaft" à la Merkel. Und so verschob man den Ausbau der Wirtschafts- und Währungsunion bis Oktober 2014. Es war nicht die einzige Niederlage für die Kanzlerin. Denn auch bei der gerade erst vereinbarten Bankenunion deuten sich massive Widerstände aus dem Europäischen Parlament an. Vor allem auf Druck Berlins hatten die Finanzminister alles, was nach schneller, gemeinsamer Haftung aussehen könnte, weit in die Zukunft geschoben. Parlamentspräsident Martin Schulz kündigte beim EU-Gipfel an: "Eine Bankenunion macht man entweder richtig oder gar nicht." Das Abgeordnetenhaus werde die Beschlüsse "nicht mittragen".

In Sachen Ukraine bemühte sich die EU, jeden Anschein einer Niederlage gegenüber Russland zu vermeiden. Merkel: "Die Tür steht für Kiew weiter offen." Nein, es gebe kein Ultimatum für die Unterschrift unter das ausgehandelte Assoziierungsabkommen mit der Ukraine. Ausdrücklich distanzierte sich die Bundeskanzlerin von der scharfen Einschätzung der litauischen Staatspräsidentin und derzeitigen EU-Vorsitzenden. "Europa ist offen für das ukrainische Volk. Aber nicht unbedingt für diese Regierung. Das ist unsere Botschaft", erklärte Dalia Grybauskaite.

Bei so wenig erkennbaren Ergebnissen lobten die Staats- und Regierungschefs sich dann einfach selbst, betonten nahezu einstimmig, es sei ein "erfolgreiches Jahr für die EU" gewesen, nicht zuletzt deshalb, weil man die "große Aufgabe" eines gemeinsamen Haushaltsrahmens für die kommenden sieben Jahre geschafft habe.

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