Neuer Hoffnungsschimmer für die Sozialdemokraten

Berlin · Die Stimmung in der SPD ist derzeit prächtig: Die Partei freut sich nicht nur über den Wahlerfolg in Mecklenburg-Vorpommern. Sie hofft auch, aus dem Schatten der Kanzlerin heraustreten zu können.

Bisher konnte sich Angela Merkel in der Flüchtlingsfrage zwar nicht auf die CSU , dafür aber auf die SPD stützen. Das ist mit den Wahlerfolgen der AfD offenbar vorbei. Die Genossen gehen zunehmend auf Distanz zur Kanzlerin, wie sich am Tag nach dem Urnengang in Schwerin zeigte. Der eher dröge wirkende alte und neue Ministerpräsident Erwin Sellering wurde im Willy-Brandt-Haus wie ein Popstar gefeiert; die Mitarbeiter standen im Treppenhaus und klatschten, die ganze Parteiführung bezog Stellung.

Mit einem "klaren Kurs" habe die Sozialdemokratie Erfolg im Norden gehabt, lobte Chef Sigmar Gabriel den Wahlkampf Sellerings. Mit den gleichen Worten hatte er im März auch die Siegerin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer , bedacht. Das Problem: Während Dreyer die Flüchtlingspolitik Merkels rückhaltlos unterstützt hatte, war sie von Sellering massiv kritisiert worden. Auf die Frage, welchen Kurs er denn nun meine, holte Gabriel länger aus - und markierte die neue Linie im Verhältnis zur Kanzlerin. Die habe immer nur gesagt "Wir schaffen das", aber nicht wie. Die SPD habe das früh thematisiert und sei von der Union aber hingehalten worden. "Es hat eineinhalb Jahre gedauert bis zum Integrationskonzept und eineinhalb Jahre, bis die Länder mehr Geld bekamen", kritisierte er. "Es wurde viel Zeit verloren. Das ist unsere Kritik".

Die gewisse Unbestimmtheit - offen für Flüchtlinge, zugleich aber auf der Seite der Kritiker - ist nun Strategie. Die SPD will als die Partei wahrgenommen werden, die die sozialen Verwerfungen beachtet, die dafür sorgt, "dass nicht alles nur den Zuwanderern zur Verfügung steht, sondern dass wir auch allen anderen Menschen helfen". Erneut forderte Gabriel einen "Solidarpakt" für Deutschland und nannte Themen wie die Entgeltgleichheit oder das Unterhaltsvorschussgesetz. Die SPD nutzt Merkels Schwäche, um für ihre Projekte Druck zu machen. Gabriel: "Wir sind die Experten für sozialen Zusammenhalt".

Sollte SPD-Mann Michael Müller in zwei Wochen als Regierender Bürgermeister von Berlin bestätigt werden, wird er vom Vorsitzenden wohl auch fürs "Kurs halten" gelobt werden. Müller sieht die Gründe für einen möglichen Erfolg woanders: "Die Menschen vertrauen in diesen Zeiten dem Amtsinhaber", sagte er zum Schweriner Ergebnis. Er hofft es jedenfalls für sich.

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