Neue Weichen für AfghanistanLondoner Konferenz sucht Strategiewechsel für Kabul

Berlin/London. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet von der Afghanistan-Konferenz in London eine "Weichenstellung" für Erfolg oder Misserfolg des Einsatzes am Hindukusch. Sie sagte gestern in einer Regierungserklärung im Bundestag, das Ziel sei, die Verantwortung für das Land Schritt für Schritt in die Hände der Afghanen zu übergeben

Berlin/London. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet von der Afghanistan-Konferenz in London eine "Weichenstellung" für Erfolg oder Misserfolg des Einsatzes am Hindukusch. Sie sagte gestern in einer Regierungserklärung im Bundestag, das Ziel sei, die Verantwortung für das Land Schritt für Schritt in die Hände der Afghanen zu übergeben. In London kommen heute die Delegationen aus 70 Ländern zusammen, um über die Zukunft Afghanistans zu beraten und den Grundstein für einen endgültigen Abzug zu legen.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sieht wachsende internationale Zustimmung für den Berliner Strategiewechsel, der nach einer Aufstockung des deutschen Kontingents einen vollständigen Abzug möglichst bis 2014 vorsieht. Für die Schlüsselpunkte zeichne sich in der Europäischen Union Übereinstimmung ab, sagte Westerwelle, der die Bundesregierung in London vertritt.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel machte die Zustimmung seiner Partei zu einem neuen Afghanistan-Mandat davon abhängig, ob das Jahr 2011 als Datum für den Beginn des Abzugs festgeschrieben werde. Auch die Grünen bekräftigten ihre Skepsis.

Merkel zog eine gemischte Bilanz. "Außer Zweifel steht: Die internationale Staatengemeinschaft hat das Ziel ihres Einsatzes noch nicht erreicht. Und deshalb müssen wir handeln", sagte sie in ihrer Regierungserklärung. Die Ausbildung der afghanischen Armee werde künftig stärker in den Blick genommen. Deutschland will 500 Soldaten zusätzlich nach Afghanistan entsenden. Weitere 350 sollen eine "flexible Reserve" bilden. Bislang sind dort bis zu 4500 deutsche Soldaten im Einsatz.

Die Nato begrüßte die Aufstockung des deutschen Kontingents. "Ich freue mich, dass die Nato-geführte Mission in Afghanistan kurz vor der Londoner Konferenz weiter gestärkt wurde", sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in Brüssel. Deutschland leiste damit einen "sehr substanziellen Beitrag" zur Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte. Der afghanische Präsident Hamid Karsai versicherte nach einem Treffen mit Merkel in Berlin, dass sein Land möglichst rasch die Verantwortung für die eigene Sicherheit übernehmen wolle - möglichst bis 2014 zum Ende seiner Präsidentschaft. "Afghanistan möchte Ihnen bald diese Last abnehmen."

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist nach wie vor gegen die Nennung eines konkreten Datums für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Ein Datum zu setzen wäre problematisch, sagte er der Wochenzeitung "Die Zeit". Zu einer "Abzugsperspektive" möglichst bis 2014 sagte Guttenberg: "Wie lange sich der Prozess hinauszögern wird, wird eine Frage des erzielten Erfolge sein."

Rund vier von fünf Deutschen (79 Prozent) lehnen es laut einer Forsa-Erhebung im Auftrag des Magazins "Stern" ab, mehr Soldaten an den Hindukusch zu schicken. dpa

London. Acht Jahre nach dem Sturz des Taliban-Regimes will die internationale Gemeinschaft einen Strategiewechsel für Afghanistan hin zu mehr zivilen Anstrengungen beschließen. Dazu kommen heute in London Vertreter von 70 Staaten und Organisationen zusammen. Im Mittelpunkt steht eine Strategie von mehr finanziellen und materiellen Hilfen, um ab 2011 eine Möglichkeit zum schrittweisen Rückzug ausländischer Truppen zu schaffen. Von der afghanischen Regierung wird eine Selbstverpflichtung erwartet, um messbare und nachprüfbare Fortschritte erzielen zu können. ddp

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