Neue Fragen im Fall Edathy

Berlin · Es sollte die letzte Zeugenanhörung im Untersuchungsausschuss zur Edathy-Affäre sein. Jetzt muss SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann Anfang Juli erneut vor dem Untersuchungsausschuss erscheinen.

Es sind zwei Politiker, die wissen müssten, dass man vorsichtig sein sollte, wem man wann was erzählt. Hans-Peter Friedrich, ehemaliger Innenminister, hat es gut gemeint, er wollte pflichtbewusst sein. Er verlor deshalb sein Amt. SPD-Chef Sigmar Gabriel , kommentiert das vor dem Edathy-Untersuchungsausschuss mit den Worten: "Ich fand das schlimm." Obwohl er nicht ganz unbeteiligt an Friedrichs Sturz gewesen ist. Die Befragung wird zum Lehrstück über Vertrauen in der Politik.

Hans-Peter Friedrich wirkt gelassen, als er über den Tag spricht, der ihm zum Verhängnis werden sollte. Es ist der 17. Oktober 2013, da informiert der CSU-Mann am Rande der Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD über eine mögliche Koalitionsbildung den Parteichef der Genossen, Sigmar Gabriel , über den Verdacht gegen Sebastian Edathy . Ein Fehler, aber einer, der für Friedrich auch heute noch keiner ist. "Du musst das dem Gabriel sagen", soll sein Staatssekretär Klaus Fritsche ihn am Telefon aufgefordert haben. Es sei um "irgendwelche Nacktfotos, um Jugendpornografie" gegangen. Friedrich fragt nach: "Kinderpornografie?" Fritsche antwortet: "Nein, nein." Friedrich bittet Fritsche, rasch die Strafbarkeit zu prüfen. Dann bietet sich die Gelegenheit zum Gespräch mit Gabriel. Der reagiert laut Friedrich mit den Worten: "O Gott", oder "ach du Scheiße", er weiß es nicht mehr so genau. Der Ex-Minister erläutert darauf hin seine Motive, die er für ehrenhaft hält: Er habe Schaden vom Land und der ganzen politischen Kaste abwenden wollen. Ihm sei klar gewesen, dass Edathy zu den herausragenden Innen- und Rechtspolitikern der SPD gehört habe. "Ich wusste daher, dass das eine relevante Information für den SPD-Vorsitzenden war." Friedrich meinte es gut. Er habe keinen Zweifel gehabt, dass Gabriel die Information vertraulich behandeln würde, ergänzt er. Ein fataler Trugschluss. Gabriel informiert die anderen SPD-Größen über den Fall Edathy, den damaligen Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, später dann den SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann . Wann genau, das bleibt ein Rätsel. Denn Oppermann, der am 1. Juli erneut vernommen wird, ruft am selben Nachmittag bei BKA-Chef Jörg Ziercke an, um mehr über die Sache herauszubekommen. Zu einem Zeitpunkt, als Gabriel noch nicht mit ihm gesprochen haben will. Das ist die Informationskette, sie kann zu diesem Zeitpunkt nicht entwirrt werden. Noch eine Ungereimtheit. Ob er enttäuscht sei von diesem Geheimnisverrat, wird Friedrich gefragt. "Ach Gott, bei uns in Bayern sagt man: shit happens." Wer Friedrich hört, der ahnt freilich: Der Stachel sitzt tief. Sigmar Gabriel hat keine vorbereitete Erklärung dabei. Ein Kuli, ein weißes Blatt Papier für Notizen. Das muss reichen. Entspannt schlürft er seinen Kaffee. Gabriel spricht aus dem Gedächtnis, mit ruhiger Stimme. Er bestätigt weitgehend die Schilderung Friedrichs. Friedrich habe ihm erklärt, er wolle ihm das sagen, weil der Verdacht gegen Edathy öffentlich werden könnte. Und damit es nicht heiße, das sei durchgestochen worden. "Ich habe das so gedeutet, dass er uns auch vor Schaden bewahren wollte." Nach dem Gespräch mit Friedrich habe er Steinmeier informiert, man sei übereingekommen, auch Oppermann zu informieren. Man wollte "umgehen", dass Edathy für höhere Ämter vorgeschlagen werde.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort