Nato geht wieder auf Russland zu

Brüssel. Die Nato will die politische Eiszeit mit Russland beenden und die Beziehungen schrittweise normalisieren

Brüssel. Die Nato will die politische Eiszeit mit Russland beenden und die Beziehungen schrittweise normalisieren. Trotz der Widerstände aus den Reihen osteuropäischer und baltischer Staaten beauftragten die Außenminister der 26 Bündnisstaaten den Generalsekretär der Allianz, Jaap de Hoop Scheffer, "die Chancen für ein bedingtes und abgestuftes neues Engagement mit Russland" auszuloten. Zunächst will man offensichtlich die gestoppten Kontakte im Nato-Russland-Rat wieder anlaufen lassen, wo sich üblicherweise die Botschafter treffen. Im März sei dann auch ein Kontakt auf Minister-Ebene möglich. Die Nato ist offensichtlich bemüht, bis spätestens zum April eine weitgehende Normalisierung zu schaffen, um dann den russischen Präsidenten Dmitri Medwedew - wie seit einigen Jahren üblich - auch zum Gipfeltreffen der Allianz im April in Straßburg/Kehl einladen zu können. Zuvor hatten sich vor allem Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und sein italienischer Kollege Franco Frattini für ein Ende der Isolation des Kreml stark gemacht. Die Nato hatte nach dem Einmarsch russischer Truppen in Georgien im August die Kontakte ausgesetzt. Als wichtiges Signal für eine Annäherung an Moskau wurde in Brüssel auch der zweite Beschluss des Treffens gewertet. Die Außenamtschefs der Allianz lehnten den Wunsch der scheidenden amerikanischen Kollegin Condoleezza Rice (Foto: afp) nach einer beschleunigten Aufnahme Georgiens und der Ukraine in die Nato ab. Stattdessen soll es beim üblichen Verfahren bleiben, dem so genannten Aktionsplan für Mitgliedschaft (Membership Action Plan MAP). Dieser wurde 1999 mit Blick auf die Beitritte der osteuropäischen Länder aufgestellt und beinhaltet weit reichende innenpolitische und militärische Reformen, ehe das Bündnis einer Aufnahme zustimmt. "Beide Länder haben diesen Status nicht erreicht", hieß es vom Nato-Generalsekretär. Die USA wollten Georgien und die Ukraine schneller in das Bündnis integrieren und deshalb den MAP umgehen. Widerstand kam von den Niederlanden, Spanien und vor allem Deutschland. Steinmeier sagte deutlich: "Es gibt keinen Grund, von Inhalt oder Verfahren des beschlossenen Beitrittsprozesses abzugehen". In Brüssel wurde die Zurückweisung des amerikanischen Vorstoßes als "überraschend" gewertet, weil "so etwas bislang nur höchst selten vorgekommen" sei. Selbst in höchsten Nato-Kreisen war nicht klar, was Washington mit seinem Vorstoß bezwecken wollte. Meinung

Unreife Kandidaten

Von SZ-KorrespondentDetlef Drewes Die Nato ist kein Friedensengel, der die frohe Botschaft der Demokratie in einst totalitär regierte Staaten bringt. Was die Außenminister der Allianz in Brüssel suchten, war gar nicht so sehr die Antwort auf die Frage, ob, wann und wie Georgien und die Ukraine nun in das Bündnis integriert werden oder nicht. Im Kern ging es um die Rolle dieses Militärpaktes, der sich so gerne zu einem politischen Instrument nach dem Vorbild der EU mausern würde. Dabei ist eigentlich allen klar: Die Aufnahme der beiden russischen Nachbarländer in die Nato kann nur der Abschluss eines weitreichenden innenpolitischen Reformprozesses sein, nicht aber dessen Beginn. Mit anderen Worten: Kiew und Tiflis müssen endlich anfangen, demokratisch, marktwirtschaftlich und sozial zu werden, ehe diese Allianz ernsthaft die Türe öffnet.

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