Nächste Ausfahrt günstig Tanken

Berlin. Autofahrer sollen bald über ihr Mobiltelefon oder ein Navigationsgerät jederzeit die aktuell günstigste Zapfsäule in ihrer Umgebung finden können. Denn Tankstellen müssen künftig ihre Preisänderungen an eine neue Behörde melden, die die Preise dann ins Internet stellt

Berlin. Autofahrer sollen bald über ihr Mobiltelefon oder ein Navigationsgerät jederzeit die aktuell günstigste Zapfsäule in ihrer Umgebung finden können. Denn Tankstellen müssen künftig ihre Preisänderungen an eine neue Behörde melden, die die Preise dann ins Internet stellt. Die Kraftstoffbranche reagierte am Freitag nach einem entsprechenden Bundestagsbeschluss erleichtert - ursprünglich wollte die Regierung deutlich schärfere Kontrollen der Benzin-Preissprünge durchsetzen.Das Parlament hatte am Vorabend beschlossen, eine sogenannte Markttransparenzstelle beim Kartellamt einzurichten. Sie soll die Preise zentral erfassen und veröffentlichen. Auch der Großhandel mit Strom und Gas soll überwacht werden.

Der ADAC und das Bundeskartellamt erhoffen sich einen besseren Wettbewerb. "Bislang hatte der Autofahrer keinen ausreichenden Überblick, um gezielt die preisgünstigste Tankstelle ansteuern zu können", sagte Kartellamts-Präsident Andreas Mundt am Freitag. "Von einer gleichberechtigten Marktteilnahme konnte bei Kraftstoffen bisher keine Rede sein", sagte Verbraucherministerin Ilse Aigner. "Die Konzerne wussten Bescheid, welcher Preis an welcher Tankstelle gilt - nicht aber die Verbraucher. Dies wird mit der neuen Regelung geändert."

Die Bundesregierung hatte die Einrichtung der Meldestelle im Mai beschlossen, nachdem die Benzinpreise wochenlang Rekordhöhen erreicht hatten. Damals wollte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) auch erfassen, welche Mengen Treibstoff die Tankstellen wann und zu welchem Preis eingekauft haben. Die Mineralölbranche hatte diese Pläne als "Bürokratie-Monster" kritisiert.

Die entschärften Regelungen, die das Parlament nun beschloss, begrüßte der Mineralölwirtschaftsverband. "Der Verbraucher profitiert davon durch zuverlässige und uneingeschränkte Preisinfos in Echtzeit", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Klaus Picard.

Ob die Meldestelle tatsächlich Einfluss auf die Benzinpreise hat, ist fraglich. Das Kartellamt hatte 2011 nach einer mehrjährigen Analyse keine Beweise für wettbewerbswidriges Verhalten und illegale Preisabsprachen der Ölkonzerne gefunden. dpa

Meinung

Nur eine

Illusion

Von SZ-RedakteurVolker Meyer zu Tittingdorf

Die Mineralölbranche ist erleichtert. Das sollte stutzig machen. Die von der Regierungskoalition nun beschlossene sogenannte Markttransparenzstelle kann die Ölriesen nicht schrecken. Dahinter steckt nur der Versuch der Politik, die Illusion eines zupackenden Eingreifens zu erzeugen. Auf die Spritpreise dürfte die Meldestelle, wenn überhaupt, nur einen geringen Einfluss haben. Etwas mehr könnte helfen, wenn die Unternehmen die Preise, die sie melden, für 24 Stunden konstant halten müssten. Das Oligopol der Ölmultis, die die komplette Wertschöpfungskette von der Quelle bis zur Tankstelle kontrollieren, lässt sich aber auch so nicht brechen.

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