Moskau will auf Raketen verzichten

Moskau. Russlands Militärführung hat als Reaktion auf den Präsidentenwechsel in den USA Abstand von der Stationierung neuer Kurzstreckenraketen an der Ostsee genommen. Die Vorbereitungen zur Aufstellung der "Iskander"-Raketen seien ausgesetzt, weil der neue US-Präsident Barack Obama die Pläne für das umstrittene Raketenabwehrsystem in Mitteleuropa nicht forciere

Moskau. Russlands Militärführung hat als Reaktion auf den Präsidentenwechsel in den USA Abstand von der Stationierung neuer Kurzstreckenraketen an der Ostsee genommen. Die Vorbereitungen zur Aufstellung der "Iskander"-Raketen seien ausgesetzt, weil der neue US-Präsident Barack Obama die Pläne für das umstrittene Raketenabwehrsystem in Mitteleuropa nicht forciere. Das sagte ein namentlich nicht genannter Sprecher des Generalstabs nach Angaben der Agentur Interfax. Die Nato begrüßte die Mitteilung, für die keine Bestätigung aus dem Kreml vorlag. Präsident Dmitri Medwedew hatte die Stationierung im Gebiet Kaliningrad um das frühere Königsberg im November als Reaktion auf die Pläne des bisherigen US-Präsidenten George W. Bush angekündigt.Beim ersten Telefonat mit Bushs Nachfolger Obama setzte Medwedew am Montag deutlich auf Entspannung. Wenn Russland auf die Raketen verzichte, sei das "ein guter Schritt", teilte eine Nato-Sprecherin in Brüssel mit. Auch Tschechiens Außenminister Karel Schwarzenberg begrüßte die Nachricht aus Moskau. "Lassen Sie uns froh sein, dass Ministerpräsident (Wladimir) Putin zu dieser Einsicht gelangt ist", sagte Schwarzenberg, der noch am Wochenende betont hatte, dass die Raketenabwehr auch unter Obama realisiert werde. Die russischen "Iskander"-Raketen (Nato-Code: SS-26), deren Abschusscontainer auf Lastwagen montiert sind, sollen auch mit Atomsprengköpfen bestückbar sein. Sie könnten mit der angegebenen Reichweite von 400 Kilometern in etwa bis zur deutschen Grenze fliegen. In der russischen Militärführung gab es in der Raketenfrage offenkundig Abstimmungsschwierigkeiten. Es liefen überhaupt keine Vorbereitungen für die Stationierung der Kurzstreckenraketen, zitierte die Agentur Itar-Tass einen Militär im Verteidigungsministerium. Anderslautende Berichte seien "totaler Blödsinn". Experten zweifeln zudem an der technischen Reife der "Iskander"-Raketen. Medwedew hatte am Tag nach der Wahl Obamas Anfang November 2008 die Stationierung der "Iskander"-Raketen im Gebiet Kaliningrad mit den Worten angekündigt, für Russland sei außenpolitisch der "Moment der Wahrheit" gekommen. Die Präzisionswaffe solle "bei Bedarf die Raketenabwehr (der USA) zerstören". Zugleich betonte Moskau aber auch immer wieder, dass es keine Notwendigkeit für die Stationierung mehr gebe, wenn die USA Abstand von ihren Raketenabwehrplänen in Mitteleuropa nähmen. Moskau hält die Raketenabwehr für eine Bedrohung seiner Sicherheit. Obamas Vorgänger Bush hatte die Pläne noch mit Hochdruck vorantreiben lassen. In seinen letzten Amtsmonaten waren mit Polen und Tschechien Verträge über die Stationierung der Komponenten des Schutzschildes und des notwendigen Personals unterzeichnet worden. Die Ratifizierung durch die Parlamente in Prag und Warschau steht aber noch aus. Nach US-Angaben soll die Raketenabwehr nicht gegen Russland gerichtet sein, sondern mögliche Angriffe von "Schurkenstaaten" wie Nordkorea abwehren. afp

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