Mit Hund und Büchs' durchs Unterholz

Büschfeld. Über dem Weiher zwischen Nunkirchen und Büschfeld hängen noch dicke weiße Nebelschwaden, als die ersten der 20 Jäger eintreffen, in dunkelgrüner Kluft, mit knallig-orangenen Hutbändern oder Westen. Man trinkt Kaffee, raucht. Die Unruhe ist ihnen anzusehen. "Halb neun war ausgemacht", sagt einer und schaut auf die Uhr

Büschfeld. Über dem Weiher zwischen Nunkirchen und Büschfeld hängen noch dicke weiße Nebelschwaden, als die ersten der 20 Jäger eintreffen, in dunkelgrüner Kluft, mit knallig-orangenen Hutbändern oder Westen. Man trinkt Kaffee, raucht. Die Unruhe ist ihnen anzusehen. "Halb neun war ausgemacht", sagt einer und schaut auf die Uhr. Dann rollt ein schwarzer VW-Transporter den Weg entlang. Am Steuer: Landesjägermeister Daniel Hoffmann. Die erste Drückjagd der Saison kann losgehen. Hoffmann begrüßt die Waidmänner und geht kurz die wichtigsten Fragen durch: Wo stehen die Schützen, wo gehen die Treiber entlang? Rehe, Füchse und Schweine stehen heute oben auf der Abschussliste. "Ab zwölf Uhr ist 'Hahn in Ruh'", mahnt Hoffmann. "Bis dahin verlässt kein Schütze den Stand!"Den Sommer über haben die Jäger vom Ansitz gejagt, nun geht es mit Hunden und Treibern in den Wald. Die Chancen für einen Abschuss sind dadurch höher. Und einen Erfolg könnte mancher Jäger gut gebrauchen. Da wäre zum Beispiel Winfried Heiles. Unzählige Morgen hat er schon auf dem Hochsitz verbracht - schießen konnte er keine einzige Sau. "Die Schweine sind schlauer als wir", sagt er und zuckt mit den Schultern. Gerade einmal jede fünfte Ansitzjagd ist erfolgreich, schätzt auch Daniel Hoffmann.

Mit ihren Geländewagen machen sich die Waidmänner auf den Weg in den Büschfelder Wald. Aus dem Kofferraum klingt ein Winseln. Emma und Moritz werden unruhig.

Auf die beiden Hunde wird es ankommen, wenn die Jagd Erfolg bringen soll. Sie müssen die Fährte der Tiere aufnehmen. Der schwarze Deutsch-Drahthaar bekommt ein GPS-Gerät um den Hals. Anders als Emma läuft er gern einmal größere Strecken durch den Wald. Sollte er verschwinden, würde das Gerät die Suche nach ihm erheblich erleichtern. Daniel Hoffmann schultert das Gewehr und hängt noch ein Schild mit der Aufschrift "Achtung Jagd" an einen Ast neben dem Waldweg. Es kann losgehen. Und in der Ferne hallt bereits der erste Schuss.

Nach gut 20 Metern verlässt der Jäger den Weg. Es geht den Berg hinauf, zwischen dicken Buchen entlang. Keine Viertelstunde ist vergangen, da haben die Jagdhunde das erste Tier aufgeschreckt: Ein Hase rast den Hang hinunter und verschwindet im Gebüsch, viel zu schnell für den Jäger. Es geht also weiter durch den Wald. Irgendwo im Wald surrt eine Holzfällersäge. "Die stören nicht", sagt der Jägermeister nur. Die Tiere sind an das Geräusch gewöhnt. Nach einer Stunde hat Hoffmann vier Schüsse gezählt. Nicht unbedingt viel. Per Handy hält er Kontakt zu den Schützen. Bisher weiß er nur von einem Reh, das erlegt wurde.

Dabei müssten zumindest Wildschweine zahlreich vorhanden sein: Überall hat das Schwarzwild auf der Futtersuche den Waldboden umgepflügt. Besonders die Bauern würden sich wohl über ein paar erlegte Frischlinge freuen. "Quer durch das Land haben wir mit Schäden durch Wildschweine zu kämpfen", weiß der Geschäftsführer des Bauernverbandes Saar, Hans Lauer. "Und die nehmen nach unseren Erfahrungen kontinuierlich zu." Den Sommer über fressen sich die Tiere durch den Mais, im Herbst wühlen sie sich nachts durch das Grünland. Und tagsüber? "Vermutlich ziehen sie am Tag in ein anderes Waldstück, wo sie mehr Deckung haben", sagt Daniel Hoffmann.

Einmal schlagen Jagdhunde dann doch noch Alarm und folgen einer Fährte. "Da, ein Reh!", flüstert Hoffmann und deutet auf einen Brombeerstrauch. Tatsächlich: Wie angewurzelt steht da ein Rehbock. Weil der Wind ungünstig steht, nehmen ihn die Hunde nicht wahr. Hoffmann schaut durch das Zielfernrohr seines Gewehrs - und legt wieder ab. "Ein Sechsender." Vor der Jagd hatte er selbst angewiesen: Sechsender werden nicht geschossen. Zum einen würden auch Raubtiere bevorzugt schwächere Tiere reißen. "Und zum anderen ist es eine pädagogische Maßnahme", grinst Hoffmann. "Dann ist man nämlich gezwungen, zu schauen, was man schießt." Schließlich tragen Jäger auch eine Verantwortung, etwa bei der Bekämpfung von Tierkrankheiten. Hoffmann weiß, wovon er spricht: Beruflich ist er Wildbiologe, untersucht unter anderem das Verhalten von Rothirschen und lehrt an der Uni Kiel. Für ihn kein Widerspruch: Die Erfahrungen aus dem einen Bereich nutzen ihm im jeweils anderen, sagt er

Nach zwei Stunden Jagd sind die Hunde erschöpft. Selbst Moritz bleibt jetzt nahe bei Herrchen. Also geht es zurück zum Wagen. Am Ende ist es bei einem Reh geblieben. Eine magere Strecke. Daniel Hoffmann kann trotzdem wieder lachen. Es war erst der Auftakt, ein "Test", sagt der Landesjägermeister. Normalerweise beginnen Drückjagden erst, wenn die Laubbäume ihre Blätter abgeworfen haben. Dann haben die Tiere deutlich weniger Deckung. Im November werden die Waidmänner deshalb noch einmal im Büschfelder Revier anrücken. Und vielleicht haben sie dann ja etwas mehr Jagdglück.

Fotos: Rolf Ruppenthal

Hintergrund

An einer Drückjagd nehmen in der Regel mehrere Jäger und nur wenige Treiber teil. Das Wild soll sich ruhig von den Treibern und Hunden weg- und auf die Jäger zubewegen. Deshalb werden oft Jagdhunde eingesetzt, die bereits schon mit einem Bellen vermelden, wenn sie einer Fährte folgen. Um den Tieren allzu großen Stress zu ersparen, finden solche Jagden nur selten statt und nur wenn die Jungtiere bereits größer sind.

Geschossen wird bei einer Drückjagd vor allem Schalenwild, beispielsweise Hirsche, Rehe und Wildschweine. Eine echte Treibjagd, bei der mehr Hunde und Treiber eingesetzt werden, zielt dagegen zum Beispiel auf Fasane oder Hasen. Im Saarland spielt die Treibjagd laut Landesjägermeister Daniel Hoffmann aber kaum noch eine Rolle - der Bestand dieser Arten ist zu gering. stl

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