Misstrauen, Abneigung und Kleinkrieg

Berlin. Genüsslich verwies FDP-Generalsekretär Christian Lindner gestern darauf, was Wolfgang Schäuble (Foto: dpa) nun mal ist: (lediglich) ein Minister. Die debattierten Steuersenkungen seien jetzt aber auf einer Ebene, "wo die Chefs sprechen", befand Lindner

Berlin. Genüsslich verwies FDP-Generalsekretär Christian Lindner gestern darauf, was Wolfgang Schäuble (Foto: dpa) nun mal ist: (lediglich) ein Minister. Die debattierten Steuersenkungen seien jetzt aber auf einer Ebene, "wo die Chefs sprechen", befand Lindner. Und die würden sicherlich wollen, dass der "Minister" ihren Willen umsetze, wedelte der General mit der Kabinettsdisziplin. Eines steht auf alle Fälle fest: Die Liberalen und Wolfgang Schäuble werden keine Freunde mehr. Das Verhältnis ist nach 19 Monaten schwarz-gelber Koalition geprägt von Misstrauen, Abneigung und gegenseitigem Kleinkrieg.Die FDP scheint Schäuble jetzt mit gleicher Münze heimzahlen zu wollen, dass er sie ein ums andere Mal herblassend in den Stiefel gestellt hat. Nicht nur politisch wie gerade wieder bei den erhofften Steuersenkungen, sondern auch persönlich: Unlängst plauderte der Minister freigiebig über ein Abendessen mit dem "liebenswürdigen" FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler, was der als bewusste Provokation empfinden musste. Seitdem trägt Rösler in Berlin den Stempel des "Leichtgewichts".

Da wirkte es wie eine Retourkutsche, dass Generalsekretär Lindner am Wochenende von einem "Arbeitsauftrag" für den Finanzminister sprach, Entlastungen für die Bürger umzusetzen. Fast so, als wäre Schäuble nur ein niederer Beamter. Die FDP ist seit Monaten empört über den eigensinnigen Ressortchef, der den Liberalen keinen Stich gönnt. Das will man sich nicht länger gefallen lassen. Schon bei der Umsetzung der Steuervereinfachungen zu Beginn des Jahres legte sich Schäuble quer und hielt sich nicht an Vereinbarungen. In der FDP traut niemand mehr dem CDU-Urgestein. Euro, Griechenland, Steuern - Gemeinsamkeiten muss man mit der Lupe suchen.

Das mag auch daran liegen, dass Wolfgang Schäuble inzwischen so etwas wie das Enfant terrible an Merkels Kabinettstisch ist. Bald 69 Jahre alt, hat der Mann im Rollstuhl seine letzte Etappe als Minister begonnen, und genau so macht er auch Politik - frei von Zwängen, drakonisch gegen sich und andere. Haushaltssanierung ist ihm eben wichtiger als Steuersenkungen, Koalitionskräche nimmt er ungerührt in Kauf. Dass er mit seiner Sturheit die nach Erfolgen suchende Koalition zugleich nervt, sie dadurch auch nicht zur Ruhe kommen lässt, scheint ihm egal. Ebenso, dass er bisher meist seinen eigenen Widerstand über kurz oder lang wieder aufgeben musste - wie bei der Steuersenkung für Hoteliers. has

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