Misstöne sollen beseitigt werden

Warschau · Deutsche und polnische Spitzendiplomaten wollen Missstimmungen beseitigen – und vor allem nicht zu hoch hängen. Der polnische Außenminister führt diese auf ein paar „Kommunikationsprobleme“ zurück.

Angesichts der jüngsten deutsch-polnischen Verstimmungen will Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Kürze nach Warschau reisen. Der SPD-Politiker werde "in sehr naher Zukunft" einer Einladung der neuen nationalkonservativen polnischen Regierung nachkommen, teilte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts gestern in Berlin mit. Einen konkreten Termin nannte sie nicht. Mitte Februar wird die neue polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo zu ihrem Antrittsbesuch in Berlin erwartet.

Der polnische Außenminister Witold Waszczykowski hatte zuvor nach einem Treffen mit dem deutschen Botschafter Rolf Nikel für mehr deutsche Politikerbesuche in Warschau plädiert. Das sei die beste Lösung für "Kommunikationsproblemen" mit einigen deutschen Politikern, sagte er. Sie könnten sich so "überzeugen, dass der Stand der Demokratie in Polen nicht so schlecht ist, wie es aus der Ferne erscheint." Waszczykowski hatte den Botschafter zum Gespräch über "antipolnische Äußerungen" einzelner Politiker gebeten. Gleichzeitig bemühte er sich um eine Relativierung der Verstimmung: "Wir haben keine angespannten Beziehungen zu Deutschland, also muss man sie auch nicht entspannen", sagte er.

Steinmeier schlug vor, Meinungsverschiedenheiten zwischen Berlin und Warschau intern anzusprechen. "Kritische Fragen, die es gibt, klammern wir natürlich nicht aus, sondern sprechen sie, so wie es sich unter Freunden gehört, im Vertrauen an", sagte der SPD-Politiker "Spiegel Online".

"Wir haben in den letzten 25 Jahren Energie und Herzblut in die deutsch-polnischen Beziehungen gesteckt", fügte Steinmeier hinzu. "Das Vertrauen und die Freundschaft, die sich in diesen Jahren entwickelt haben, sind alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Sie sind ein starkes und wertvolles Fundament, das wir von beiden Seiten in Wahrnehmung unserer historischen Verantwortung erhalten müssen." Botschafter Nikel nannte die deutsch-polnischen Beziehungen einen "Schatz". Beide Seiten seien sich einig, dass man diesen Schatz "für die Zukunft entwickeln" müsse.

Unionspolitiker hatten sich am Wochenende für EU-Sanktionen gegen Polen ausgesprochen. Zuvor hatte bereits Martin Schulz , der Präsident des Europa-Parlaments, Polen mit einer "gelenkten Demokratie" nach Art Putins verglichen. Grund für die Kritik war unter anderem das Mediengesetz der nationalkonservativen Regierung.

Kritik regte sich in Polen auch am deutschen EU-Digitalkommissar Günther Oettinger , der für eine härtere Gangart gegen die neue nationalkonservative Regierung in Warschau plädiert hatte. Oettinger sagte, es spreche viel dafür, Warschau unter Aufsicht zu stellen.

Meinung:

Gift für Europa

Von SZ-KorrespondentinInna Hartwich

Hinter den hübsch verpackten Worten von Polens Außenminister Witold Waszczykowski verbirgt sich eine tiefe Abneigung von Polens Konservativen gegen die deutsche Politik. Am selben Tag, an dem Nikel und Waszczykowski betonen, wie großartig die Beziehungen sind, veröffentlicht Polens regierungsnahe Presse auf ihren Titeln deutsche Politiker in Nazi-Uniformen. Es ist stets dieser reflexartige wie törichte Griff auf die deutsche Vergangenheit, der zudem zeigt, dass es mitnichten harmonisch zugeht zwischen Berlin und Warschau . Für Europa aber ist die Verunsicherung zwischen den Nachbarn Gift. Schließlich war die Annäherung zwischen den einstigen Feinden bereits geschafft. Sie tut beiden Völkern gut.

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