Merkel unter Druck wegen Spionage

Berlin · In der BND-NSA-Affäre werden neue Vorwürfe laut. Zudem sollen sich die USA nun dagegen sperren, dass deutsche Parlamentarier ihre geheimen Spählisten einsehen.

Die transatlantische Geheimdienst-Affäre zieht weitere Kreise. Laut "Bild am Sonntag" soll der US-Geheimdienst NSA versucht haben, mit Hilfe des BND den deutschen Technologiekonzern Siemens auszuspähen. Die Opposition und die SPD werfen dem Kanzleramt vor, es habe im Bundestagswahlkampf 2013 wider besseres Wissen den Eindruck erweckt, die USA könnten sich auf ein No-Spy-Abkommen mit Deutschland einlassen. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte der "Welt": "Es steht der Vorwurf der Lüge im Raum. Bundeskanzlerin Merkel kann nicht länger schweigen. Sie muss sich persönlich erklären."

Grund für das Interesse der Amerikaner an Siemens sei eine angebliche Vertragspartnerschaft des Konzerns mit dem russischen Geheimdienst SSSN gewesen, schrieb die "Bild". Dem Bericht zufolge soll Siemens den Russen nachrichtendienstliche Kommunikationstechnik geliefert haben. "Siemens sind keinerlei Fakten im Verantwortungsbereich des Unternehmens bekannt, die eine Motivation von nachrichtendienstlicher Seite nachvollziehbar machen würden", sagte ein Sprecher des Unternehmens.

Das Kanzleramt am Pranger

Wie der BND auf das Ansinnen der NSA reagiert hat, blieb unklar. Der Vorgang könnte auch Angela Merkel (CDU ) in Erklärungsnot bringen. Laut SPD-Chef Sigmar Gabriel hat Merkel ihm versichert, dass es abgesehen von den Rüstungskonzernen EADS und Eurocopter "keinen weiteren Hinweis auf Wirtschaftsspionage " gebe.

Der BND stand zuvor bereits unter Druck, weil die NSA mittels der BND-Spähtechnik in Bad Aibling auch Wirtschaftsspionage betrieben haben könnte. In der Kritik steht auch das Kanzleramt als Aufsichtsbehörde des Nachrichtendienstes. "Der BND und das Bundeskanzleramt müssen jetzt sofort all ihr Wissen über die Ziele der NSA im Hinblick auf die deutsche und europäische Wirtschaft mit den betroffenen Unternehmen teilen", sagte Konstantin von Notz (Grüne).

Das Kanzleramt verhandelt nach eigenen Angaben derzeit mit der US-Regierung darüber, ob sie umstrittene NSA-Suchaufträge veröffentlichen darf, mit denen der BND in Bad Aibling für die USA spioniert hat. Laut "Bild" haben die Amerikaner das Ersuchen bereits abgelehnt, da laufende Operationen gefährdet werden könnten.

Falls Deutschland gegen den Willen der Amerikaner US-Geheimdienst-Daten veröffentliche, drohten die USA damit, den Austausch auf Terrorwarnungen zu reduzieren, heißt es im Bericht. Hochauflösende Satellitenbilder von Krisenregionen oder bei Entführungen deutscher Staatsbürger sollten dann nicht mehr geliefert werden.

Recherchen der "Süddeutschen Zeitung", des WDR und des NDR förderten zudem Dokumente zutage, wonach es nir eine Zusage der Amerikaner für ein No-Spy-Abkommen zum Verzicht auf gegenseitige Spionage gegeben hat. Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla sagte 2013 aber: "Die US-Seite hat uns den Abschluss eines No-Spy-Abkommens angeboten."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort