Merkel und Gabriel suchen das „gute Leben“

Berlin · Was will das Volk wirklich? Mehr Geld, Sicherheit, weniger Stress? Das wollten gestern Angela Merkel und Sigmar Gabriel von Bürgern in Berlin wissen und waren „neugierig“ auf die Antworten. Weitere Gespräche sollen folgen.

"Ganz klar, die beiden Mädels", sagte Sigmar Gabriel . Der Wirtschaftsminister meinte seine Töchter Saskia (26) und Marie (3). Angela Merkel fiel spontan ein: "Dass ich gesund bin und ebenso meine Familie." Und, ach ja, "dass mir die Arbeit Spaß macht". Im Berliner "Gasometer" waren das gestern die Antworten der Regierungsspitzen auf die Frage, was ihnen im Leben wichtig sei. Dabei ging es um Hochpolitisches. Die Veranstaltung war Auftakt einer bundesweiten Aktion der Regierung. Auf 150 Dialog-Veranstaltungen soll zwischen Mai und Oktober ergründet werden, was den Bürgern "Gut Leben in Deutschland" bedeutet.

Durchgeführt werden sie von Vereinen und Verbänden, die sich dafür gemeldet haben, wie etwa die BMW-Stiftung, der Zentralrat der Muslime oder auch lokale Volkshochschulen. "Was ist Ihnen persönlich wichtig" und "Was macht Lebensqualität in Deutschland aus?" sind die Leitfragen. 40 weitere Runden werden von den Berliner Ministerien veranstaltet, alle unter Teilnahme der jeweiligen Ressortchefs. Kanzlerin und Vizekanzler wollen jeweils drei Diskussionen besuchen. Das ganze wird anschließend von einem sechsköpfigen wissenschaftlichen Beirat ausgewertet, der seinen Bericht 2016 vorlegen soll. Auch die Hinweise, die auf der Seite www.gut-leben-in-deutschland.de eingehen, sollen berücksichtigt werden. Im Koalitionsvertrag war dieser Dialog vereinbart worden.

Der Begriff "gutes Leben" oder "gute Arbeit" ist relativ neu in der politischen Debatte und dabei, das Wort "nachhaltig" abzulösen. Auch international gibt es eine entsprechende Diskussion. Generell geht es darum, vom Bruttoinlandsprodukt als alleinigem Wohlstandsmaßstab wegzukommen und zu erfassen, was den Menschen sonst noch wichtig ist. Natur und Umwelt etwa, oder auch Nachbarschaft, soziale Balance, Aufstiegschancen, Sicherheit. "Wir kennen die Antworten nicht, wir sind neugierig", sagte Merkel. Berlin will mit den Veranstaltungen auch "eine gewisse Politikdistanz überwinden", wie es intern heißt.

Die Opposition kritisierte den Aufwand. "Aus meinen ständigen Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern, landauf, landab, weiß ich auch ohne Kampagne, wo vielen der Schuh drückt", so die Linken-Abgeordnete Petra Pau . Über die Gesamtkosten der Aktion wollte man in Regierungskreisen keine Angaben machen. Versichert wird dafür, dass man bis zum Ende der Legislaturperiode "in die Umsetzung der Ergebnisse einsteigen" wolle. "Es soll nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben werden", versprach Merkel.

Allerdings herrscht ab 2017 Bundestagswahlkampf. Union und SPD stehen dann wieder mehr gegeneinander - als Seite an Seite auf der Suche nach dem "guten Leben" der Bürger .

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