Merkel, "Schweini" und der Frust

Berlin. Es läuft gut für Angela Merkel. Wenn die Kanzlerin bei der Fußball-Europameisterschaft Bastian "Schweini" Schweinsteiger herzt und sich besorgt um den auf die Tribüne verbannten Bundestrainer Jogi Löw kümmert, sind Millionen Zuschauer live und begeistert dabei

Berlin. Es läuft gut für Angela Merkel. Wenn die Kanzlerin bei der Fußball-Europameisterschaft Bastian "Schweini" Schweinsteiger herzt und sich besorgt um den auf die Tribüne verbannten Bundestrainer Jogi Löw kümmert, sind Millionen Zuschauer live und begeistert dabei. Merkel managt, Merkel tut was, schöne Bilder sind wichtig, wie sie gelernt hat. Auch beim heutigen Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs soll die Kanzlerin führen und Wege aus der Krise weisen, die die Iren mit ihrem Nein zum EU-Reformvertrag verursacht haben. Besser kann es also gar nicht laufen für Merkel, wenn - ja wenn da nicht die leidige Innenpolitik und die eigene Partei wären.Von ihrem Elan beim Fußball oder auf der internationalen Bühne ist im Inland wenig zu merken, beklagen zunehmend Parteifreunde. In der Unionsfraktion bekommt die CDU-Vorsitzende das immer häufiger zu spüren - und mit ihr einer ihrer engsten Vertrauten: Fraktionschef Volker Kauder. Ihn hat man schon entspannter erlebt als in diesen Tagen. Blass, müde, angestrengt wirkt der Baden-Württemberger, "der Kauder hat es nicht einfach zur Zeit", heißt es in der Fraktion. Viele der Parlamentarier fühlen sich und ihre Anliegen nicht mehr energisch genug vertreten, vor allem nicht gegenüber der allmächtigen Regierungschefin. Der Vorzeige-Konservative soll Merkel eigentlich den Rücken freihalten, das funktioniert kaum noch: Kauder reibt sich zunehmend auf zwischen einer rebellischer werdenden Fraktion und der sparwütigen Kanzlerin. Es fehlt an Konzepten, "es fehlt das Profil", wird beklagt. Entsprechend kontrovers ging es zuletzt in den Fraktionssitzungen zu. Manch ein Abgeordneter nennt dies sogar "atemberaubend", weil es so etwas in dieser Legislaturperiode noch nicht gegeben hat. Neben dem Ärger über die SPD entlädt sich der Frust vor allem an der Frage, ob die Bürger noch in dieser Legislaturperiode steuerlich entlastet werden sollten. Merkel und Kauder sind dagegen, weil sie die Haushaltskonsolidierung zugleich als persönliches Markenzeichen empfinden. Ein Großteil der Fraktion ist aber dafür, denn die Abgeordneten werden in ihren Wahlkreisen von den Bürgern geprügelt, deren Belastungen stetig steigen. Es herrscht Verunsicherung in der Union, die Angst vor dem Wähler geht um, auch wegen der schlappen Umfragewerte für die CDU. In der Fraktion gibt es noch eine weitere Baustelle für Merkel und Kauder - und die heißt CSU. Die Bayern sind im Wahlkampf und verlangen Unterstützung. Man wird mutiger, gegen Merkel aufzubegehren. Aus Frust. Der Koalitionspartner feixt bereits: In der Union herrschten "Abstiegsängste", glaubt der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann. has

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort