Merkel erteilt Brüderle eine Abfuhr

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU, Foto: dpa) will den Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland vorerst nicht weiter erleichtern. Eine Überarbeitung des seit vergangenem Jahr geltenden entsprechenden Gesetzes erscheine "in so kurzer Zeit nicht angeraten", sagte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans gestern in Berlin

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU, Foto: dpa) will den Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland vorerst nicht weiter erleichtern. Eine Überarbeitung des seit vergangenem Jahr geltenden entsprechenden Gesetzes erscheine "in so kurzer Zeit nicht angeraten", sagte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans gestern in Berlin. Merkel sprach sich damit gegen den Vorstoß von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) aus. Dieser hatte am Freitag eine Initiative für den leichteren Zuzug von Fachkräften angekündigt und niedrigere Verdienstgrenzen ins Spiel gebracht.

Erst im Januar 2009 war das Arbeitsmigrationssteuerungsgesetz in Kraft getreten. Es setzt unter anderem den Betrag herab, den Fachkräfte hierzulande verdienen müssen, um einwandern zu dürfen - von 86 400 Euro pro Jahr auf 63 600 Euro. Steegmans wies zudem darauf hin, die Bundesregierung arbeite an der Umsetzung einer EU-Richtlinie für eine sogenannte Blue Card, die Erleichterungen für Hochqualifizierte vorsieht. Mit der Blue Card, angelehnt an die US-Greencard, sollen Hochqualifizierte mit Uni-Abschluss und mindestens fünfjähriger Berufserfahrung leichter in der EU arbeiten können. Deutschland hatte in Brüssel aber durchgesetzt, dass nationale Zuzugs-Regeln Vorrang behalten.

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank Jürgen Weise, forderte, zunächst die Hochqualifizierten in Deutschland zu fördern. Unternehmen sollten dazu etwa in Kinderbetreuung investieren. "Das vorhandene Potenzial im Land sollte erst einmal genutzt werden", sagte Weise der "Financial Times Deutschland". "Wir können nicht zulassen, dass Menschen in Arbeitslosigkeit sind, nur weil ihre Talente nicht genutzt werden." Wer qualifizierte Kräfte haben und halten wolle, müsse etwas bieten, sagte Weise. Das gelte vor allem angesichts des Mangels in der Kinderbetreuung, der viele qualifizierte Frauen daran hindere zu arbeiten. "Das Kinderbetreuungsangebot reicht nicht aus, und die Kommunen haben in der Krise keinen Spielraum." Es sei auch Sache von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, "das so zu organisieren, dass Familie und Beruf vereinbar sind." Dies könnten die Unternehmen selbst gestalten. "Da braucht man nicht nach dem Gesetz zu rufen."

Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte gestern, sie könne derzeit keine weiteren Angaben zu der Initiative von Brüderle machen. An den Einzelheiten werde derzeit noch gearbeitet. Neben der Absenkung der Einkommensgrenzen hatte Brüderle auch ein Begrüßungsgeld ins Spiel gebracht, das Unternehmen zahlen könnten, um ausländische Fachkräfte anzulocken. afp

Die Wirtschaft befürchtet, dass in Deutschland in den nächsten Jahren, beispielsweise in der Forschung, Fachkräfte fehlen werden. Über die Lösung dieses Problems streitet die Koalition. Foto: dpa

Die Wirtschaft befürchtet, dass in Deutschland in den nächsten Jahren, beispielsweise in der Forschung, Fachkräfte fehlen werden. Über die Lösung dieses Problems streitet die Koalition. Foto: dpa

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