Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus Kein Nachzug ohne Grenzen

Berlin · Menschen mit eingeschränktem Schutz können Familienangehörige nur begrenzt nach Deutschland holen. Opposition und Caritas üben Kritik.

Seit einem Jahr können nach Deutschland geflüchtete Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus wieder darauf hoffen, ihre Angehörigen bald wiederzusehen. Seit August 2018 gestatten die Behörden den Familiennachzug für die Gruppe der sogenannten subsidiär Schutzberechtigten wieder. Also für Menschen, denen wegen drohender Gefahr in der Heimat ein Schutzstatus gewährt wird, die aber weder asylberechtigt sind noch anerkannte Flüchtlinge.

Bis Ende Juni erteilten die deutschen Behörden rund 8760 Visa, wie aus Angaben des Auswärtigen Amts hervorgeht. Angesichts von weltweit mehr als 30 000 Terminanfragen bei den deutschen Auslandsvertretungen erscheint diese Zahl nicht sonderlich hoch. Das ist allerdings politisch so gewollt, denn es gibt ein Kontingent. Mit der Wiedereinführung war eine monatliche Höchstzahl von 1000 Angehörigen festgelegt worden, die nachziehen dürfen.

Dass die Zahl der erteilten Visa für die ersten elf Monate nun deutlich unter 11 000 liegt, hat vor allem mit dem komplizierten Verfahren zu tun. Zwar hatte die Bundesregierung von vornherein vorgesehen, in den ersten fünf Monaten bis Ende 2018 ungenutzte Genehmigungen jeweils nicht verfallen zu lassen, sondern in die Folgemonate zu übertragen. Seit dem Jahreswechsel gilt dies jedoch nicht mehr.

Im vergangenen Jahr blieben so am Ende 1740 Kontingentplätze übrig. Seitdem diskutieren das SPD-geführte Auswärtige Amt und das CSU-geführte Innenministerium darüber, ob diese in dieses Jahr übertragen werden. Innenminister Horst Seehofer hatte sich im Januar nicht gänzlich verschlossen gezeigt, aber auf einen Ausgleich an anderer Stelle gedrungen. Ein Ergebnis gibt es Monate später noch immer nicht. Hinzu kommt, dass im Januar und im Juni zusammen weitere 150 mögliche Nachzüge verfielen, weil die Behörden das Kontingent nicht ausschöpften.

Linke und Grüne kritisieren die Beschränkung ohnehin scharf. Von einem „läppischen Gnadenkontingent“ spricht die innenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Ulla Jelpke. Dass das Restkontingent aus 2018 noch nicht übertragen wurde, findet sie schäbig. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisiert, die Regierung habe aus dem Grundrecht auf familiäres Zusammenleben „eine Lotterie gemacht, bei der viel zu viele auf der Strecke bleiben“.

Auch Caritas-Chef Peter Neher fordert weniger Hürden. Das Warten auf Familienangehörige sei humanitär und integrationspolitisch fatal, sagt der Präsident des katholischen Wohlfahrtsverbands. „Familiäre Bindungen müssen berücksichtigt werden.“

Im Innenministerium zeigt man sich auf Anfrage hingegen sehr erfreut über das „weitgehend reibungslose“ Verfahren. Auch aus dem Auswärtigen Amt heißt es, dieses habe sich eingespielt.

Wie hoch die Nachfrage nach Familiennachzug zu Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus tatsächlich ist, kann indes niemand genau sagen. Ende November lagen noch rund 45 000 Terminanfragen bei den deutschen Auslandsvertretungen vor. Seit Januar sind es um die 10 000 weniger. Enthalten waren zuvor auch Doppelbuchungen und veraltete sowie bereits bearbeitete Anfragen. Im Mai hatte Außenstaatsminister Michael Roth (SPD) im Bundestag erklärt, es kämen weiterhin Anfragen hinzu, aber auf „einem deutlich geringeren Niveau als zuvor“.

In Deutschland lebten Ende 2018 rund 230 000 Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus. Insgesamt spielen die subsidiär Schutzberechtigten beim Thema Familiennachzug eher eine kleinere Rolle. So wurden beispielsweise im ersten Quartal des Jahres insgesamt rund 26 770 Visa an Angehörige ausgegeben. Davon betrafen 51 Familien von Asylberechtigten, rund 3680 die von anerkannten Flüchtlingen und rund 3230 die von Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus.

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