Mehr Honorar - weniger Bürokratie

Berlin. Mehr Landärzte, höhere Honorare, effektivere Behandlungen - mit einem Bündel von Maßnahmen will die Bundesregierung die Versorgung der Kassenpatienten verbessern. Dazu verabschiedete sie gestern den Entwurf für das so genannte Versorgungsstrukturgesetz. Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass in strukturschwachen Regionen eine ärztliche Unterversorgung droht

 Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) informiert sich in einer Arztpraxis über die Belange von Kassenpatienten. Foto: dpa

Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) informiert sich in einer Arztpraxis über die Belange von Kassenpatienten. Foto: dpa

Berlin. Mehr Landärzte, höhere Honorare, effektivere Behandlungen - mit einem Bündel von Maßnahmen will die Bundesregierung die Versorgung der Kassenpatienten verbessern. Dazu verabschiedete sie gestern den Entwurf für das so genannte Versorgungsstrukturgesetz. Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass in strukturschwachen Regionen eine ärztliche Unterversorgung droht. Und das, obwohl in den letzten 20 Jahren die Zahl der ambulant tätigen Mediziner insgesamt um knapp 50 Prozent auf 138 000 zugenommen hat.Anreize für Ärzte: Um Mediziner zum Umzug aufs Land zu bewegen, soll es dort keine Honorarabschläge oberhalb einer bestimmten Zahl von Patienten mehr geben. Denn in der Regel haben es Landärzte mit besonders vielen Patienten zu tun. Derzeit gibt es einen vorab geschätzten Behandlungsbedarf. Leistet der Arzt mehr, bekommt er die Arbeit nur teilweise vergütet. Darüber hinaus sieht die Reform die Möglichkeit von Zuschlägen vor, für die Ärzte und Kassen einen Fonds anlegen müssen. Zudem wird die so genannte Residenzpflicht aufgehoben. Das heißt, die Ärzte müssen nicht mehr in dem Dorf leben, wo die Praxis ist. Der Wohnort kann auch die Kreisstadt sein.

Überversorgung: Durch einen "freiwilligen Verzicht" will Gesundheitsminister Bahr die überdurchschnittlich hohe Arztdichte in Ballungsgebieten und Regionen mit gut verdienenden Patienten reduzieren. Ein Malus-System lehnt er ausdrücklich ab. Stattdessen sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) Praxen aufkaufen und stilllegen können, sofern der Arzt sie veräußern will. Sein Honorar würde dann künftig auf die übrigen Arztsitze verteilt werden, was laut Bahr ein "Eigenanreiz" für die KV darstellt.

Honorare: Mit der Tendenz zur Vereinheitlichung der Arzthonorare will Bahr Schluss machen. Künftig soll die Vergütung wieder auf Landesebene ausgehandelt werden. Experten wie der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem sehen darin die Gefahr einer "erheblichen Ausgabendynamik". Für die Mehrkosten müssten die Beitragszahler in der jeweiligen Region aufkommen, so sie in einer regional tätigen Kasse wie der AOK versichert sind. Bei bundesweiten Anbietern würden sie auf alle Kassenmitglieder umgelegt. Neben der Besserstellung von Landärzten werden auch die Zahnärzte künftig stärker bedacht. Von 2013 an bekommen sie jährlich 120 Millionen Euro mehr.

Spezialärztliche Leistungen: Viele Behandlungen von seltenen oder lebensbedrohlichen Erkrankungen werden heute parallel von Praxisärzten und Krankenhäusern erbracht, ohne dass es eine sinnvolle Abstimmung zwischen ihnen gibt. Dadurch werden Patienten nicht selten zwischen beiden Bereichen hin und her geschoben. Um das zu abzustellen, will Bahr die Spielregeln für beide Sektoren vereinheitlichen. Künftig soll zu gleichen finanziellen Bedingungen bei gleichen Qualitätsstandards behandelt werden.

Neue Angebote: Zur Förderung des Wettbewerbs sollen Kassen ihren Versicherten zusätzliche Leistungen wie etwa die Kostenübernahme für eine künstliche Befruchtung anbieten dürfen. Derzeit gilt ein Katalog von Pflichtleistungen, weshalb sich die Kassen hier kaum voneinander unterscheiden. Dieser Katalog bleibt auch weiter bei allen Kassentarifen verbindlich.

 Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) informiert sich in einer Arztpraxis über die Belange von Kassenpatienten. Foto: dpa

Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) informiert sich in einer Arztpraxis über die Belange von Kassenpatienten. Foto: dpa

Kassenschließungen: Nach dem Desaster bei der Pleite gegangenen City BKK werden die Rechte der Versicherten gestärkt. Sollte eine Kasse die Aufnahme von Versicherten einer insolventen Kasse verweigern, drohen spürbare Strafen durch die Aufsichtsbehörden.

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