Wahlkampfendspurt Mehr als 400 Millionen Europäer sind zur Wahl aufgerufen

Brüssel/Amsterdam/Berlin · (dpa) Endspurt für die Parteien vor der Europawahl: Die SPD schöpft Hoffnung aus dem überraschend guten Abschneiden des Spitzenkandidaten der europäischen Sozialdemokraten in den Niederlanden, wo der europaweite Abstimmungsreigen am Donnerstag eröffnet worden war: Im Heimatland von Frans Timmermans lagen die Sozialisten nach einer Prognose unerwartet vorn.

Den Wahlauftakt hatte am Donnerstag neben den Niederlanden Großbritannien gemacht. Eine Prognose gab es dort nicht. Am Freitag waren zur EU-Wahl Iren und Tschechen aufgerufen. Deutschland wählt wie die meisten anderen EU-Länder zum Abschluss am Sonntag. Erst nach Schließung der letzten Wahllokale in Italien sollen am späten Sonntagabend kurz nach 23 Uhr die offiziellen Ergebnisse für die einzelnen Länder und eine erste offizielle Hochrechnung für die EU insgesamt bekanntgegeben werden.

In den Niederlanden wurde die Partei des sozialdemokratischen EU-Spitzenkandidaten Timmermans nach einer Prognose mit 18,4 Prozent der Stimmen stärkste Kraft, wie der staatliche niederländische Sender NOS unter Berufung auf Daten des Instituts Ipsos berichtete. Der neue Star der Rechten in dem Land, Thierry Baudet, landete mit seinem Forum für Demokratie (FvD) demnach nur auf Rang vier.

Die europäischen Sozialdemokraten sehen trotz der schlechten Umfragewerte der deutschen SPD Chancen, dass Timmermans EU-Kommissionspräsident wird – und nicht sein Gegenspieler von der christdemokratischen Parteienfamilie EVP, der Deutsche Manfred Weber (CSU). Nach der Wahl soll möglichst rasch über den Nachfolger des scheidenden EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker sowie über weiteres Spitzenpersonal entschieden werden. Insgesamt können in den 28 EU-Staaten bis zum Sonntag mehr als 400 Millionen Wahlberechtigte über die 751 Abgeordneten des neuen Europaparlaments mitentscheiden. Auf Deutschland entfallen dabei 96 Sitze.

In Deutschland befürchten die Koalitionspartner Union und SPD beide Verluste. In jüngsten Umfragen lag die Union bei 28 bis 30 Prozent, die SPD nur bei 15 bis 17,5 Prozent. Das wäre für die SPD wohl Platz drei hinter den Grünen mit 17 bis 19 Prozent. Die AfD rangierte zur Zeit der Umfragen bei einheitlich 12 Prozent. Die FDP erreichte 5,5 bis 8 Prozent, die Linke 6,5 bis 8.

Hinzu tritt in Deutschland am Sonntag noch die Wahl des Landesparlaments in Bremen. Vor allem die SPD blickt mit Bangen in den Stadtstaat: Sie liegt hinter der CDU und könnte in ihrer norddeutschen Hochburg erstmals seit 1945 die Macht verlieren.

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