Massives Unbehagen über Ernsts Einkünfte

Berlin. Die Linke streitet wieder einmal mit sich selbst. Im Zentrum der internen Kritik steht der erst im Mai zum Vorsitzenden gewählte Klaus Ernst (Foto: ddp). Der ehemalige Berufsgewerkschafter aus Bayern sieht sich schon seit Wochen mit staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen mutmaßlich unrechtmäßiger Reisekostenabrechnungen konfrontiert

Berlin. Die Linke streitet wieder einmal mit sich selbst. Im Zentrum der internen Kritik steht der erst im Mai zum Vorsitzenden gewählte Klaus Ernst (Foto: ddp). Der ehemalige Berufsgewerkschafter aus Bayern sieht sich schon seit Wochen mit staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen mutmaßlich unrechtmäßiger Reisekostenabrechnungen konfrontiert. Außerdem finden viele Parteifreunde, dass sich die üppigen Einkünfte ihres Chefs von monatlich gut 17 000 Euro nur schwerlich mit dem eigenen Anspruch vertragen, politisches Sprachrohr der Armen und Schwachen zu sein. Der geschäftsführende Vorstand suchte das Unbehagen gestern durch einen demonstrativen Schulterschluss mit seinem Obergenossen zu vertreiben: Die Parteiführung sei "solidarisch mit Klaus Ernst. Er hat sich mit keinem Cent persönlich bereichert", sagte die Co-Vorsitzende Gesine Lötzsch. Auf Nachfrage ließ sie allerdings erkennen, dass es an der Basis heftig gärt. Auch wollte sie nicht ausschließen, dass der Parteivorstand auf seiner nächsten regulären Sitzung im September seinen Beschluss über die Bezahlung von Ernst korrigieren könnte. Neben den üblichen Bundestagsdiäten von monatlich 7668 Euro plus steuerfreie Kostenpauschale von 3969 Euro bezieht Ernst noch 1917 Euro, weil er dem Fraktionsvorstand der Linken im Bundestag angehört. Für den Vorsitzenden-Job legt die Partei noch 3500 Euro oben drauf. Macht zusammen 17 054 Euro. Co-Chefin Lötzsch, ebenfalls Bundestagsabgeordnete, steht den Linken dagegen ehrenamtlich vor und verzichtet auf die 3500 Euro, weil sie "kein Interesse" daran habe, einen Arbeitsvertrag mit der Partei abzuschließen. Intern hatte Ernst klar gemacht, dass er als Bevollmächtigter der IG Metall in Schweinfurt gut verdient habe und nun keinen Grund zum Verzicht sehe. Womöglich wäre das Partei-Salär für den passionierten Porsche-Fahrer noch höher ausgefallen. Denn nach dem ursprünglichen Beschluss des Vorstandes sollten die Einkommensverluste im Vergleich zu früheren Tätigkeiten komplett ausgeglichen werden. Doch dagegen liefen die eigenen Reihen Sturm, sodass der Passus im Vormonat wieder gestrichen wurde. Was den Verdacht wegen Untreue und Betrug bei den Reiseabrechnungen von Ernst angeht, so äußerte sich Lötzsch etwas vorsichtiger: Falls etwas nicht rechtens sei, werde man eine ordentliche Lösung finden. Im Kern geht es um die Frage, ob Ernst bei der Bundestagsverwaltung Kosten für Reisen abgerechnet hat, die nicht auf seine Abgeordnetentätigkeit zurückgehen. Gegenwärtig prüft die Berliner Staatsanwaltschaft mehrere Flugreisen des 55-Jährigen zu Gewerkschaftstreffen und Aufsichtsratssitzungen. Ernst hatte sich damit gerechtfertigt, dass er solche Termine auch in seiner Eigenschaft als Abgeordneter wahrnehme. Für die Abrechnung beim Bundestag genügt lediglich die schriftliche Versicherung, dass die Reisekosten in Ausübung des Bundestagsmandats anfallen. Was darunter genau zu verstehen ist, lässt das Abgeordnetengesetz aber offen. Der Wirbel um den redegewandten Bajuwaren dürfte vielen Parteigängern gelegen kommen. Ernst gilt als treuer Gefolgsmann Oskar Lafontaines, weshalb er besonders den so genannten Regierungslinken im Osten suspekt ist. Ernst war dann auch maßgeblich an der Demontage des früheren Bundesgeschäftsführers Dietmar Bartsch beteiligt.

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