Luckes Neustart mit Alfa

Kassel · Um „Fortschritt und Aufbruch“ soll es bei der neuen Partei Alfa von Ex-AfD-Chef Bernd Lucke gehen. 70 Gründungsmitglieder haben die neue AfD-Konkurrenz gestern in Kassel aus der Taufe gehoben.

Die rechtskonservative Alternative für Deutschland (AfD) bekommt Konkurrenz. Nach seinem Austritt aus der AfD hat deren Ex-Chef Bernd Lucke gestern in Kassel die neue Partei Alfa gegründet. Das Kürzel steht für "Allianz für Fortschritt und Aufbruch". Lucke wurde zum Vorsitzenden gewählt. Auch Landesverbände soll es geben. Für 2017 strebt Lucke den Einzug in den Bundestag an.

Thematischer Schwerpunkt werde die Kritik am Euro und an der europäischen Wirtschafts- und Währungspolitik sein, kündigte Lucke an. Die bisherige Euro-Rettungspolitik sei völlig gescheitert, die amtierende Regierung habe "grundfalsche" Entscheidungen getroffen.

Zudem wende sich Alfa gegen einen Missbrauch der Asylgesetze und setze sich für eine "geordnete" Zuwanderungspolitik ein. "Zuwanderungspolitik ist ein Problemfeld in unserem Land", sagte Lucke. Auch gegen eine Technik- und Fortschrittsfeindlichkeit, die sich unter dem Einfluss der Grünen in Deutschland verbreitet habe, sei die neue Partei. Energie- und Bildungspolitik gehöre ebenfalls zum Programm. Ob sie bereits bei den Landtagswahlen 2016 antreten könne, sei noch nicht klar.

"Die AfD ist überhaupt keine seriöse Partei mehr", sagte Lucke. Sie sei nach rechts abgedriftet, habe keine wissenschaftliche Expertise mehr und sei ein Sammelbecken von Verschwörungstheoretikern. Deshalb sei eine Alternative dringend nötig. Laut Lucke werden neben ihm weitere vier ehemalige AfD-Europaabgeordnete Mitglied der neuen Partei, ihre Mandate würden sie behalten. Darunter befinde sich auch der frühere BDI-Chef Hans-Olaf Henkel.

Die rund 70 Gründungsmitglieder gehören zu dem von Lucke gegründeten Verein "Weckruf 2015". Lucke sprach von insgesamt bis zu 5000 Interessenten für die neue Partei. "Es liegt viel Arbeit vor uns, dessen sind wir uns bewusst", sagte er vor den Teilnehmern.

Lucke war am 10. Juli als Ergebnis eines heftigen Machtkampfs aus der AfD ausgetreten. Über Wochen hatten er und seine Widersacherin Frauke Petry sich einen erbitterten Streit um den künftigen Kurs geliefert. Lucke wollte sich von rechtspopulistischen Kräften und plumpen Parolen abgrenzen. Petry und ihre Unterstützer aus dem rechten Lager steuerten in die entgegengesetzte Richtung - und entschieden die Auseinandersetzung für sich. Bei einem Parteitag Anfang Juli in Essen gewann Petry die Wahl zur Ersten Vorsitzenden klar gegen ihren Rivalen Lucke.

Der zog die Konsequenzen. Mit dem Europaabgeordneten verließen etwa 2000 weitere Angehörige des liberal-konservativen Flügels die Partei. Schon im Mai hatte Lucke den Verein "Weckruf 2015" gegründet - als Sammelbecken für AfD'ler, die mit den rechtspopulistischen Thesen einiger Parteifunktionäre nichts zu tun haben wollten.

Für die AfD dürfte die neue Lucke-Partei Alfa durchaus ein Störfaktor sein - gerade mit Blick auf die nächsten Landtagswahlen .

Meinung:

Zersplittert schwächer

Von SZ-RedakteurJoachim Wollschläger

Als Protestpartei, die sich gegen Euro, gegen Einwanderung, gegen die Transfer-Union oder Asylmissbrauch positionierte, konnte die AfD als Sammelbecken zahlreiche Unzufriedene einsammeln. Das brachte Wählerstimmen, war aber auch der Fluch der Partei. Es war kaum zu vermeiden, dass neben den intellektuell wirtschaftskritischen Mitgliedern eben auch zahlreiche stumpfe Rechtspopulisten die Plattform für sich eroberten. Nun gibt es zwei konservative Kleinparteien, die sich gegenseitig Anhänger abjagen wollen. Und sich gleichzeitig schwächen. Die Spaltung der AfD hat wahrscheinlich das Ende ihres Höhenflugs besiegelt, während fraglich ist, ob Alfa überhaupt einen Anfangserfolg haben wird.

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