Linke wieder mit Doppelspitze

Berlin. Die Linkspartei hat künftig noch mehr Führungskräfte: Drei Tage nach dem angekündigten Rückzug von Parteichef Oskar Lafontaine aus der Bundespolitik präsentierte sein Freund Gregor Gysi gestern eine neue Führungsmannschaft, der sogar zwei Bundesgeschäftsführer angehören sollen. Gesine Lötzsch und Klaus Ernst sollen den Parteivorsitz übernehmen

Berlin. Die Linkspartei hat künftig noch mehr Führungskräfte: Drei Tage nach dem angekündigten Rückzug von Parteichef Oskar Lafontaine aus der Bundespolitik präsentierte sein Freund Gregor Gysi gestern eine neue Führungsmannschaft, der sogar zwei Bundesgeschäftsführer angehören sollen. Gesine Lötzsch und Klaus Ernst sollen den Parteivorsitz übernehmen. Als Stellvertreter sind der Vize-Chef der Saar-Linken Heinz Bierbaum und die Sprecherin der Kommunistischen Plattform Sahra Wagenknecht vorgesehen. In der Geschäftsführung sollen Caren Lay und Werner Dreibus gemeinsam die Nachfolge von Dietmar Bartsch antreten.Gysi waren die Strapazen der letzten Nacht deutlich anzusehen. Eine Gremiensitzung jagte die andere. Dazwischen immer wieder Telefonate. Und irgendwann gegen Morgen war die Führungsriege dann endlich gefunden und abgesegnet. Im Parteivorstand stimmten am Ende 28 Mitglieder für das Personal-tableau und vier dagegen. Im Mai muss der Bundesparteitag darüber entscheiden.Noch am Montagabend hatte es so ausgesehen, als müsste Gysi selbst noch mal ins Geschirr, um die völlig zerstrittenen Grüppchen und Flügel auf eine Linie zu bringen. Aber er weigerte sich standhaft. Umso mehr zog er die Strippen für das neue Personaltableau. Zunächst musste eine Strukturentscheidung her. Denn laut Parteisatzung dürfte es künftig nur noch einen Vorsitzenden geben. Nach fieberhaften Sondierungen bei sämtlichen Ost- und West-Landeschefs stand aber fest, dass die Doppelspitze beibehalten werden solle. Dafür muss sich auf dem Wahlparteitag im Mai noch formal eine Zwei-Drittel-Mehrheit finden.Ob die Basis dort auch den kompletten Personalvorschlag schlucken wird, steht allerdings dahin. Vor allem an Klaus Ernst scheiden sich die Geister. Vielen Westlinken ist der 55-jährige bayerische Gewerkschafter zu "rechts", die Frauen in der Partei halten ihn für machohaft. Ernst gehörte zu den Mitbegründern der WASG und war maßgeblich am Gelingen der Fusion mit der PDS beteiligt. Weniger Probleme dürfte es bei seiner Co-Kandidatin Gesine Lötzsch geben. Sie hielt das Fähnlein der PDS gemeinsam mit Petra Pau hoch, als die Partei 2002 bei der Bundestagswahl an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte und danach nur durch die Direktmandate der beiden Frauen im Parlament vertreten war. Das verschaffte Lötzsch viel Anerkennung. Für Ernst und Lötzsch spricht, dass sie sich von keiner Strömung vereinnahmen ließen und wohl auch gut harmonieren können.Meinung

Linke bleibttief zerrissen

Von SZ-KorrespondentStefan Vetter Im ICE-Tempo haben die Linken ihr Machtvakuum formal beseitigt. Bei näherer Betrachtung der Kandidaten für die neue Führung relativiert sich Gregor Gysis Leistung jedoch deutlich. Dass es so schnell zu einer Einigung kam, hat damit zu tun, dass der Personalvorschlag lediglich ein gelungener Ausdruck der Uneinigkeit ist. Wie tief müssen die innerparteilichen Gräben sein, wenn sich die Strippenzieher aller Flügel und Strömungen nicht mal auf einen gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Bundesgeschäftsführers einigen können? Auch die geplante Installierung von gleich zwei Parteibildungsbeauftragten aus Ost und West zeigt, wie es um die Linke im Land steht: Da wächst nicht zusammen, was offenbar auch nicht zusammen gehört. Am Ende findet sich jeder Parteigänger in dem Personalvorschlag wieder. Dass daraus eine klare Programmatik erwächst, können nur Blauäugige erwarten. Politisch bleibt die Linkspartei tief zerrissen.

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