Langzeitarbeitslose nur unzureichend betreut

Berlin · Langzeitarbeitslose, die 25 Jahre oder älter sind, erleben in den Jobcentern einen Mangel. Die Zahl der Arbeitsvermittler liegt in einem Drittel der Jobcenter unter dem vorgeschriebenen Niveau.

In vielen Jobcentern kümmern sich weniger Arbeitsvermittler um die Erwerbslosen als nach den gesetzlichen Bestimmungen vorgegeben. Das geht aus einer Datenübersicht der Bundesregierung hervor, die unserer Zeitung vorliegt. Die Opposition im Bundestag kritisiert diesen Zustand und fordert eine Aufstockung der Personalbudgets in den Jobcentern.

Neun von zehn Langzeitarbeitslosen werden in den Jobcentern betreut. Für ihre Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt sieht das Sozialgesetzbuch Betreuungsschlüssel vor. Demnach soll bei den unter 25-jährigen Betroffenen im Regelfall ein Vermittler auf höchstens 75 Erwerbslose kommen. Für Ältere ist ein Verhältnis von eins zu maximal 150 vorgeschrieben. Wie die Auswertung einer Stellungnahme der Bundesregierung durch die Linksfraktion ergab, erfüllten im September aber nur 166 der insgesamt 303 Jobcenter , die von den Kommunen und der Bundesagentur für Arbeit gemeinsam betrieben werden, den Betreuungsschlüssel von 1:75 für ihre unter 25-jährige Kundschaft. Das sind nur 55 Prozent. In jedem fünften Jobcenter betrug der Betreuungsschlüssel mehr als 1:85. Bei 16 Jobcentern (5,3 Prozent) wurde ein Verhältnis von 1:100 und mehr registriert. Für die über 25-jährigen Langzeitarbeitslosen ist die Situation etwas besser. Hier erfüllen zwei Drittel aller Jobcenter den Betreuungsschlüssel von 1:150.

"Hier wird auf Kosten der Erwerbslosen und Beschäftigten an der falschen Stelle gespart", sagte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken, Sabine Zimmermann . Nötig seien "mehr Vermittler, die ausreichend Zeit haben, die Erwerbslosen bei der Arbeitssuche zu unterstützen". Zimmermann kritisierte auch, dass laut Bundesregierung immer noch etwa jeder zehnte Jobcenter-Mitarbeiter nur über einen befristeten Arbeitsvertrag verfügt. Das sei auch arbeitsmarktpolitisch kontraproduktiv, weil dadurch immer wieder Sachverstand verloren gehe.

Obwohl die Arbeitslosigkeit insgesamt deutlich zurückging, ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen seit 2009 praktisch konstant geblieben. Rund eine Million Menschen sind demnach mindestens ein Jahr lang ohne Job. Das ist mehr als ein Drittel aller Arbeitslosen. Rund ein Viertel ist 55 Jahre oder älter. Der Anteil der unter 25-Jährigen liegt dagegen nur bei nur drei Prozent. Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums hat die Hälfte der Langzeitarbeitslosen keinen Berufsabschluss und häufig mehrere Vermittlungshemmnisse.

Vor diesem Hintergrund hatte Ressortchefin Andrea Nahles (SPD ) kürzlich zwei neue Programme angekündigt. Sie sehen verbesserte Lohnkostenzuschüsse und mehr individuelle Betreuung für Langzeitarbeitslose vor. Doch handelt es sich dabei weitgehend um einen Ersatz für auslaufende Maßnahmen. Zusätzliches Personal in den Jobcentern ist nicht geplant.

Dabei gibt es wissenschaftliche Untersuchungen, die für eine bessere personelle Ausstattung sprechen. So kam das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) nach der Auswertung eines Modellprojekts bereits vor vier Jahren zu dem Schluss, "dass eine bessere Relation von Arbeitsvermittlern zu Arbeitslosen die Dauer der Arbeitslosigkeit verringert".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort