Lammert will Zahl der Mandate begrenzen

Berlin · Der Bundestag könnte nach geltendem Wahlrecht auf 700 oder mehr Sitze anwachsen. Das will Parlamentspräsident Norbert Lammert verhindern. Die Fraktionen zeigen sich skeptisch gegenüber dem Vorschlag.

Die ausufernde Mandatszahl im Bundestag ist Norbert Lammert ein Dorn im Auge. Foto: Nietfeld/dpa

Die ausufernde Mandatszahl im Bundestag ist Norbert Lammert ein Dorn im Auge. Foto: Nietfeld/dpa

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Mit konkreten Vorschlägen zur Begrenzung der Bundestagsmandate hat Parlamentspräsident Norbert Lammert die Parteien in Zugzwang gebracht. Demnach sollte in einem reformierten Wahlrecht künftig eine Höchstgrenze festgelegt werden, die etwa der jetzigen Anzahl von Sitzen entspreche, sagte der CDU-Politiker gestern. Eine "Kappungsgrenze" könne bei der aktuellen Abgeordnetenzahl 630 liegen, aber auch etwas darunter oder darüber. In ersten Reaktionen äußerten die Fraktionen überwiegend Skepsis.

Mit seinem Vorstoß will Lammert der Gefahr begegnen, dass der Bundestag nach der nächsten Wahl weitaus größer werden könnte, als er derzeit ist. Dies liegt an den Überhangmandaten. Sie entstehen, wenn eine Partei bei der Wahl zum Bundestag mehr Direktmandate über die Erststimmen erhält, als ihr Sitze im Bundestag gemäß der Anzahl der Zweitstimmen zustehen. Die Überhangmandate werden nach derzeitiger Rechtslage durch zusätzliche Sitze für die anderen Parteien ausgeglichen - dadurch könnte sich der Bundestag Lammert zufolge auf bis zu 700 Mitglieder vergrößern. Ausgleichssitze für Überhangmandate soll es nach Lammerts Vorstellungen zwar weiterhin geben, aber nur bis zur festgelegten Obergrenze, die nach seinen Worten auch über oder unter 630 liegen könnte. Lammert will außerdem im Grundgesetz festschreiben, dass es eine Sperrklausel und die Obergrenze für die Zahl der Mandate gibt. Damit soll die Neuregelung verfassungsfest gemacht werden.

Direkt gewonnene Mandate müssten auf jeden Fall erhalten bleiben, betonte Lammert. Er dringt schon seit längerem auf eine Wahlrechtsreform zur Begrenzung der zusätzlichen Mandate. Die Wähler wüssten bei der Stimmabgabe nicht, über wie viele Mandate sie überhaupt entscheiden, sagte er gestern. Und weiter: Mit wachsender Anzahl der Sitze verbessere sich nicht die Funktionsfähigkeit des Parlaments. Auch deshalb habe der Gesetzgeber 1996 die Sollgröße auf 598 Mitglieder festgelegt.

Zu den Erfolgsaussichten seines Vorstoßes noch in der Ende 2017 zu Ende gehenden Wahlperiode äußerte sich Lammert zurückhaltend. In Gesprächen hätten ihm die Fraktionschefs "selbstverständlich überhaupt nichts zugesichert". Die Reform noch in dieser Legislatur sei aber möglich. "Wir haben noch ein ganzes Jahr Zeit."

Der Bundestagspräsident betonte, weil für eine Verfassungsänderung Zweidrittel-Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat notwendig seien, hätten kleinere Parteien auch Einfluss auf das Verfahren. "Für mich gehört das Wahlrecht zu den Dingen, die man möglichst im Konsens gestaltet und möglichst auch im Konsens ändert."

Dass eine Reform kleinere Parteien nicht benachteiligen dürfe, machten die oppositionellen Grünen und Linken deutlich. Die grüne Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt : "Einem Vorschlag, der das Wahlergebnis anschließend nicht abbildet, dem wollen wir nicht zustimmen." Lammerts Pläne müsse man "als Vorschlag der Union bezeichnen". Auch Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch meinte, die Union wäre "nach Lage der Dinge die begünstigte Partei". Die Diskussion solle weitergeführt werden - "nicht mit Blick auf eine Lösung zur Wahl 2017, sondern für die übernächste Wahlperiode".

Eine Sprecherin der Unionsfraktion sagte lediglich: "Wir prüfen das." Nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann ist eine Reform noch vor der Wahl 2017 eher unwahrscheinlich. "Ich bin skeptisch, ob die Vorschläge noch in dieser Legislatur umgesetzt werden können."

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