Länder-Sonderwege bei Online-Überwachung

Bad Saarow. Mehrere unionsgeführte Bundesländer wollen trotz der Einigung im Bund Sonderwege bei Online-Überwachungen gehen. Nach ihren Vorstellungen sollen Ausspäh-Programme für Computer - so genannte Trojaner - auch durch Eindringen in die Wohnung von Verdächtigen installiert werden können

Bad Saarow. Mehrere unionsgeführte Bundesländer wollen trotz der Einigung im Bund Sonderwege bei Online-Überwachungen gehen. Nach ihren Vorstellungen sollen Ausspäh-Programme für Computer - so genannte Trojaner - auch durch Eindringen in die Wohnung von Verdächtigen installiert werden können. Das CSU-regierte Bayern will, anders als der Bund, in einem eigenen Gesetzentwurf erlauben, dass Computer-Wanzen heimlich in Wohnungen installiert werden können. Auch das CDU-regierte Hessen machte gestern auf der Frühjahrskonferenz der Innenminister der Länder (IMK) im brandenburgischen Bad Saarow deutlich, dass es über eine weitergehende Regelung nachdenken will. Der IMK-Vorsitzende, Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU), nannte diese Möglichkeit im Deutschlandfunk für die Bundesländer zulässig. CSU-Chef Erwin Huber sagte, dies sei "in einem eng definierten Bereich unbedingt notwendig", um Terror und Schwerstkriminalität wirksam bekämpfen zu können. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar hohe Hürden für die Online-Durchsuchung aufgestellt. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nannte es widersprüchlich, dass nach dem Kompromiss im Bund zum BKA-(Bundeskriminalamt)-Gesetz ein Techniker eine Videokamera in der Wohnung eines Verdächtigen installieren könne, nicht aber Computertechnik zum Ausspähen von Daten. Nach dem Kompromiss dürfen Trojaner nur von außen, etwa per E-Mail-Anhang, auf die Rechner von Verdächtigen aufgespielt werden. Das ist laut Experten relativ schwierig. Auch Sachsen-Anhalts SPD-Innenminister Holger Hövelmann sah den Kompromiss, der bei der Online-Durchsuchung weitestgehend den Vorstellungen seiner Parteikollegin, Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, folgte, mit Skepsis. Er habe Zweifel, dass das Instrument tatsächlich funktioniere.Kameras in WohnungenUnterdessen berichtet die "Süddeutsche Zeitung", Bundesinnen- und -justizministerium hätten sich auf tiefgehende Eingriffe in die Unverletzlichkeit der Wohnung und die Vertraulichkeit privater Gespräche geeinigt. Um die Gefahr von Terroranschlägen abzuwenden, soll das BKA in Zukunft nicht nur Wanzen in den Wohnungen von Terrorverdächtigen anbringen dürfen, es soll diese Wohnungen sogar mit Kleinstkameras bestücken können, um live mitzuverfolgen, was die Verdächtigen gerade tun. Diese Überwachung soll bis zu einen ganzen Monat lang dauern dürfen. Die Zeitung beruft sich auf den ihr vorliegenden Gesetzentwurf zur BKA-Reform. Auch ein weiteres bisher höchst umstrittenes Fahndungsinstrument steht dem Blatt zufolge im Gesetzentwurf. Terrorverdächtige sollen demnach automatisch abgehört werden dürfen, inklusive privater Details. dpa/ddp

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort