Kurswechsel bei der Sicherheit

Köln · Nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund verschärfen Sportclubs im In- und Ausland die Kontrollen.

Durch den Bombenanschlag auf Borussia Dortmund stehen die Sicherheitsvorkehrungen im deutschen Profi-Fußball und für andere Sport-Großereignisse auf dem Prüfstand. Zwar setzen Verantwortliche in verschiedenen Positionen vorerst auf Beruhigung der aufgeschreckten Bevölkerung, doch andernorts wird bereits gehandelt.

Den bislang markantesten Kurswechsel vollzog Branchenführer Bayern München gerade einmal zwei Tage nach der Sprengstoff-Attacke auf den BVB-Bus: Erstmals führte der deutsche Fußball-Meister beim Einlass zum öffentlichen Training Sicherheitskontrollen durch. Ordner überprüften bei den rund 2000 Fans die Inhalte mitgeführter Taschen. Leibesvisitationen gab es nicht.

Der österreichische Verband ÖFB fährt die Sicherheitsvorkehrungen für seine Nationalmannschaft ebenfalls hoch. "Die Ereignisse von Dortmund sind Grund genug, die eigenen Sicherheitsmaßnahmen zu durchleuchten", sagte ÖFB-Geschäftsführer Bernhard Neuhold. Bei Zweitligist Hannover 96 sind für das Derby an diesem Samstag gegen Eintracht Braunschweig - analog zu Dortmunds Champions-League-Spiel am vergangenen Mittwoch gegen AS Monaco - Rucksäcke und größere Taschen in der heimischen Arena verboten. Andere Klubs prüften vor dem Osterwochenende noch eine Erhöhung der Sicherheitsvorkehrungen. "Der Vorfall sensibilisiert uns noch einmal verstärkt", zitierte die Leipziger Volkszeitung eine Stellungnahme des Bayern-Verfolgers RB Leipzig: "Im Bedarfsfall werden wir zur Optimierung zusätzliche Maßnahmen ergreifen."

Grundsätzlich vor übereilten Reaktionen warnte Helmut Spahn kurz vor seinem Amtsantritt als Sicherheitschef des Weltverbandes FIFA. "Wir sollten jetzt erst einmal die Fakten analysieren und nicht über das Ziel hinausschießen", sagte der ehemalige Sicherheitsbeauftragte des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Sein DFB-Nachfolger Hendrik Große Lefert hatte bereits am frühen Mittwochabend ein Fußball-Stadion als "wahrscheinlich einen der sichersten Plätze in Deutschland" bezeichnet. Doch den generellen Reiz besonders des Fußballs als Ziel für Terroristen konnte auch Spahn nicht leugnen: "Da zahlt der Fußball auch den Preis seiner exorbitanten Popularität." Gerade vor diesem Hintergrund ist die Überarbeitung der bestehenden Sicherheitsvorkehrungen unter Beachtung von Dortmund für Bundestags-Innenausschusschef Ansgar Heveling unabdingbar: "Die Sicherheitsbehörden werden ihren Fokus für den Schutz großer Fußballspiele weiter fassen müssen", sagte der CDU-Politiker der Rheinischen Post. Hevling sprach von einer "neuen Qualität des Terrors, weil mit der BVB-Mannschaft eine konkrete Gruppe das Anschlagsziel war". Die Konzentration der Behörden auf den Schutz von Menschenmengen in und unmittelbar an den Stadien reicht aus seiner Sicht nicht mehr aus. Vielmehr müssten künftig auch Anfahrtswege insbesondere von Aktiven sowie das gesamte Umfeld von Veranstaltungen bei der Planung von Sicherheitsvorkehrungen beachtet werden.

Vor diesen Aufgaben stehen neben den Profi-Klubs im Fußball in wenigen Wochen besonders die Planer des Düsseldorfer "Sportsommers" mit drei Welt- oder Großereignissen. Die Rhein-Metropole ist nacheinander Schauplatz der Tischtennis-WM (29. Mai bis 5. Juni), der Triathlon-EM (24./25. Juni) und des "Grand Depart" der Tour de France (1./2. Juli). Wegen ihrer Austragung unter freiem Himmel und der voraussichtlich hohen Zuschauerzahlen an den Strecken sind die Triathlon-EM und der Tour-Auftakt dabei besonders neuralgische Events.

Martin Ammermann, Geschäftsführer der Veranstaltungsgesellschaft Düsseldorf Congress & Event, sagte in diesem Zusammenhang: "Grundsätzlich fließen in die Anpassung von Sicherheitskonzepten immer auch aktuelle Ereignisse, die kurz zuvor eingetreten sind, ein. Das gilt natürlich auch nach Dortmund."

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