Kubicki will Neustart der FDP ohne Rösler

Berlin. Schleswig-Holstein FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki hat sich für eine Neuausrichtung der Liberalen ohne Parteichef Philipp Rösler ausgesprochen. Er plädierte in der neuen Ausgabe des Magazins "Stern" zudem für eine Koalition mit SPD und Grünen nach der Bundestagswahl 2013 unter Peer Steinbrück als Kanzler

Berlin. Schleswig-Holstein FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki hat sich für eine Neuausrichtung der Liberalen ohne Parteichef Philipp Rösler ausgesprochen. Er plädierte in der neuen Ausgabe des Magazins "Stern" zudem für eine Koalition mit SPD und Grünen nach der Bundestagswahl 2013 unter Peer Steinbrück als Kanzler. Die FDP-Spitze wandte sich empört gegen Kubickis Vorstoß, während aus der SPD Zustimmung zu den Ampel-Überlegungen kam. "Mit Peer Steinbrück als Kanzler könnte ich mir ein Ampelbündnis sofort vorstellen", sagte Kubicki. An der Spitze der Liberalen sähe er anstelle Röslers am liebsten den nordrhein-westfälischen FDP-Chef Christian Lindner: "Er ist für mich der geborene neue Bundesvorsitzende." Mit Blick auf die Bundestagswahl 2013 fürchtet Kubicki, dass seine Partei ohne Chancen ist, wenn sie bei der niedersächsischen Landtagswahl im Januar an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert. Auf die Frage, ob die FDP dann einen neuen Bundesvorsitzenden brauche, sagte er: "Mehr als das: Dann brauchen wir vor allem eine neue politische Ausrichtung."Rösler sagte der "Passauer Neuen Presse" zu Kubickis Koalitionsüberlegungen: "Ich sehe derzeit keine Grundlage für ein Ampelbündnis mit SPD und Grünen." Vor allem in der Euro-Debatte gebe es zu große programmatische Unterschiede. SPD und Grüne würden auf Eurobonds und eine Vergemeinschaftung der Schulden setzen. Das sei keine Basis für eine Zusammenarbeit. Kritik kam auch von FDP-Generalsekretär Patrick Döring. "Es nützt niemandem, wenn Kubicki seinem Spieltrieb nachgibt und Personen und Parteien mal eben so auf seinem Schachbrett hin und her schiebt", sagte er der "Braunschweiger Zeitung". Er könne "nicht erkennen, wo derzeit auch nur annähernd Übereinstimmung zwischen SPD, Grünen und FDP bestehen sollte: nicht bei der Geldwertstabilität, nicht bei der Wohlstandssicherung, auch viel zu wenig beim einstmals verbindenden Thema Bürgerrechte". Kubicki sei mit seinen Äußerungen "zu weit rausgesegelt". Die "Lübecker Nachrichten" berichteten, Kubicki sei auf dem Sprung in die Bundespolitik. Der 60-Jährige wolle bei der Bundestagswahl 2013 auf Platz eins der Landesliste kandidieren.

Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, begrüßte die Ampel-Debatte. "Wir wollen Rot-Grün, sollte es dafür aber nicht reichen, muss man sich eine neue Option überlegen", sagte er. "Ein Bündnis mit Grünen und FDP ist in jedem Fall besser als eine große Koalition, in der wir nur Juniorpartner sind." Ähnlich äußerte sich Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid (SPD). Die FDP verbesserte sich derweil im neuen ARD-Deutschlandtrend um einen Punkt auf fünf Prozent, womit sie wieder mehr auf einen Wiedereinzug in den Bundestag bei der Wahl im nächsten Jahr hoffen kann. afp

Meinung

Der wunde Punkt der Liberalen

Von SZ-RedakteurJörg Wingertszahn

Die helle Aufregung in der FDP zeigt, dass Wolfgang Kubicki einen sehr wunden Punkt getroffen hat. Und er hat sogar gut daran getan, seine Partei jetzt mit Blick auf die Bundestagswahl 2013 wachzurütteln. Mit Parteichef Philipp Rösler ist einfach kein Staat zu machen, er blieb immer blass und wirkungslos. Und eine inhaltliche Neuausrichtung täte der FDP mehr als gut. Sie hat ihr Schicksal viel zu sehr an die Union gekettet. Kubickis Vorstoß erinnert sehr an die Rücktrittsforderung des damaligen saarländischen FDP-Generalsekretärs Rüdiger Linsler an Guido Westerwelle. Auch damals war die Aufregung groß, doch die Liberalen kassierten mit Westerwelle noch einige Wahlniederlagen, bevor sie ihn ausmusterten. Vielleicht haben sie ja daraus gelernt.

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