Krisengipfel im Machtkampf von Kiew

Kiew · Erstmals setzen sich die Kontrahenten in Kiew an einen Tisch. Doch die Fronten bleiben verhärtet. Oppositionspolitiker Klitschko bekräftigt unterdessen, Präsident Janukowitsch ablösen zu wollen.

Nach wochenlangen Protesten sind in der Ukraine der prorussische Präsident Viktor Janukowitsch und Oppositionspolitiker Vitali Klitschko erstmals zu einem Krisengipfel zusammengekommen. Bei den stundenlangen Gesprächen in Kiew lehnte Janukowitsch den von prowestlichen Demonstranten geforderten Rücktritt der Regierung aber erneut ab. Klitschko hingegen beharrte auf den Forderungen eines Machtwechsels in der früheren Sowjetrepublik. Die verfeindeten Lager trafen sich am Freitag nach den scharfen Konfrontation erstmals direkt - auch auf Vermittlung Deutschlands, der EU und der USA.

Janukowitsch erinnerte seine Gegner bei einem Runden Tisch daran, dass ein Misstrauensvotum gegen Regierungschef Nikolai Asarow im Parlament gescheitert sei. Er könne nur auf Grundlage einer Entscheidung des Abgeordnetenhauses handeln, behauptete der Präsident.

"Nur ein vollständiger Neustart des Systems kann ein Ausweg sein aus dieser politischen Krise", sagte Klitschko. Dies habe etwa Janukowitschs Vorgänger Leonid Krawtschuk begriffen, als er für die Lösung einer Krise vorgezogene Wahlen ausgerufen habe. Die Opposition um Boxweltmeister Klitschko hatte bei der Misstrauensabstimmung am 3. Dezember nur 186 von 225 nötigen Stimmen für ein Ende der Regierung Asarow zusammenbekommen. Die Rivalen saßen sich bei dem Krisengespräch im Ukraine-Palast in Kiew direkt gegenüber. Das regierungskritische Internetportal hromadske.tv übertrug das Treffen, an dem auch Ex-Präsidenten, Vertreter von Kirchen und Gewerkschaften sowie weitere Oppositionsführer teilnahmen, live. Auch Asarow saß mit am Tisch.

Als Zugeständnis schlug Janukowitsch eine Amnestie für alle vor, die während der Proteste festgenommen worden waren. Die Freilassung ist eine Kernforderung der Regierungsgegner. Nach unterschiedlichen Angaben waren etwa 45 Menschen von Sicherheitskräften abgeführt worden. Janukowitsch räumte ein, dass sich die Sicherheitskräfte bei den prowestlichen Protesten nicht immer passend verhalten hätten.

Die Menschen in der Ex-Sowjetrepublik demonstrieren seit mehr als drei Wochen gegen die prorussische Politik von Janukowitsch. Die Regierungsgegner streben nach einer Annäherung an die Europäische Union, die Janukowitsch auf Druck Russlands gestoppt hatte. Die klamme Ukraine hofft auf Milliardenhilfen von Moskau und Brüssel.

Klitschko hatte vor dem Krisengipfel gesagt, er bezweifle, dass die Regierung in Kiew wieder auf einen prowestlichen Kurs einschwenkt. Den Erklärungen, das Abkommen über eine weitreichende Annäherung an die EU könne vielleicht doch noch bald unterzeichnet werden, traue er nicht, machte Klitschko in der ARD-Sendung "Beckmann" deutlich. Dort stellte er auch klar, dass Präsident werden möchte.

In Kiew weiteten die Regierungsgegner ihre Protestlager wieder aus - über die Grenzen des seit Wochen mit Barrikaden befestigten Unabhängigkeitsplatzes Maidan hinaus. Russland kritisierte erneut scharf das Engagement der EU. Das Treffen mit Regierungsgegnern sei eine "grobe Einmischung in die Angelegenheiten der Ukraine", sagte Regierungschef Dmitri Medwedew: "So darf man sich im 21. Jahrhundert nicht benehmen." > : Analyse

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