Kräftiges Lohnplus statt neuer Streiks

Potsdam · Nach den Streiks im öffentlichen Dienst haben sich Arbeitgeber und Gewerkschaften schnell geeinigt. Angesichts der kräftigen Gehaltserhöhung gilt die ausstehende Zustimmung der Verdi-Basis als sicher.

Eltern von Kita-Kindern, Flugreisende und Pendler in Deutschland können aufatmen: Statt neuer Streiks im öffentlichen Dienst gibt es eine deutliche Gehaltserhöhung für die mehr als zwei Millionen Beschäftigten. Am späten Freitagabend einigten sich Gewerkschaften und Arbeitgeber in Potsdam auf eine Erhöhung von insgesamt fast fünf Prozent auf zwei Jahre für die Beschäftigten von Bund und Kommunen: Rückwirkend soll es ab 1. März 2,4 Prozent und ab 1. Februar 2017 dann weitere 2,35 Prozent mehr geben. Die Kommunen rechnen mit Mehrkosten von sechs Milliarden Euro, der Bund mit 700 Millionen Euro.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU ) sprach von einem "fairen und annehmbaren Kompromiss". De Maizière, der kommunale Arbeitgeberverband VKA, die Gewerkschaft Verdi und der Beamtenbund dbb brauchten drei Verhandlungsrunden.

Gewerkschaftsvertreter kündigte n auf Kundgebungen zum 1. Mai an, auch nach der Tarifeinigung nicht lockerzulassen. Deutlich mehr Personal und gute Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst forderte die stellvertretende DGB-Vorsitzende, Elke Hannack. Die Vereinbarung im öffentlichen Dienst müsse uneingeschränkt auch auf Beamte übertragen werde n.

"Es ist den Gewerkschaften gelungen, den Angriff der Arbeitgeber auf die Betriebsrenten der Beschäftigten der Kommunen abzuwehren. Es wird keine Kürzungen bei den Leistungen der Zusatzversorgung geben", sagte Marlis Tepe, Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW. Bei der Betriebsrente sei eine "sachgerechte Lösung" gefunden worden. Statt der vom kommunalen Arbeitgeberverband VKA ursprünglich geforderten generellen Einschnitte bei zusätzlichen betrieblichen Renten wird ein Zusatzbeitrag von 0,4 Prozent zu Lasten der Arbeitnehmer eingeführt. Genauso viel sollen die Arbeitgeber zahlen. Das soll aber nur dort gelten, wo die Pensionskassen Finanzprobleme haben.

"Zudem ist nach elf Jahren endlich eine Entgeltordnung für alle kommunalen Beschäftigten vereinbart worden. Von dieser profitieren viele Kolleginnen und Kollegen, weil sie besser eingruppiert worden sind", sagte Tepe. Viele Arbeitnehmer sollen ein höheres, niemand ein niedrigeres Grundgehalt bekommen. Die Reform soll die Kommunen 680 Millionen Euro kosten. Einen gleichgroßen Teil sollen die Beschäftigten schultern - durch Einschnitte beim Weihnachtsgeld.

"Der Tarifabschluss für die Beschäftigten von Bund und Kommunen wird nach Einschätzung des Deutschen Städtetages viele Städte in schwieriger Haushaltslage erheblich belasten", sagte Helmut Dedy, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Städtetages, zum Tarifabschluss. Für viele Kommunen sei der Kompromiss schmerzhaft, dennoch sei er letztlich gut, meinte VKA-Präsident Thomas Böhle.

Annahme empfohlen

Der Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske sagte mit Blick auf die nun geplante Befragung der Verdi-Mitglieder: "Wir empfehlen die Annahme - und das aus guten Gründen." Michael Blug, Verdi-Landesbezirksleiter Rheinland-Pfalz-Saarland, betonte, dass der Abschluss nur aufgrund massiver Warnstreiks erreicht werden konnte. So sieht es auch Ewald Linn, Landesvorsitzender des Beamtenbunds. Auch er forderte, dass "das Tarifergebnis wirkungsgleich auf die Bundesbeamten übertragen wird".

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