Krach um Festakt für Franz Josef Strauß

München · Für die CSU ist er der unumstrittene Held, die Opposition hat dagegen große Zweifel: Zum 100. Geburtstag von Franz Josef Strauß streiten Bayerns Politiker um die Bedeutung des CSU-Patriarchen.

27 Jahre nach seinem Tod polarisiert der ehemalige CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß immer noch. Im Vorfeld seines 100. Geburtstags am 6. September hatte die bayerische FDP schon die Umbenennung des Münchener "Franz Josef Strauß"-Flughafens gefordert. Gestern wurde bekannt, dass die Opposition im Landtag - SPD und Grüne und Freie Wähler - einen Staatsempfang zum Jubiläum am kommenden Freitag boykottieren wollen.

Mit zum Teil deftigen Worten hatten bayerische Oppositionspolitiker schon in den letzten Tagen deutlich gemacht, dass für sie der römische Grundsatz "De mortuis nil nisi bene" (über Tote redet man nur gut) nicht gilt. FDP-Chef Albert Duin nannte den CSU-Übervater vor dem Hintergrund neuer Korruptionsverdächtigungen einen "machtarroganten Gauner", der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag Markus Rinderspacher sprach von einem "skandalumwitterten affärengeschüttelten Politiker" und für Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause war Strauß schlicht ein "korrupter Politiker". "Seine Bilanz ist mit fragwürdigen Rüstungsgeschäften, Vetternwirtschaft, Schmiergeldzahlungen und mit der Spiegel-Affäre verbunden", begründete Rinderspacher in einem Interview mit dem "Münchner Merkur" das demonstrative Fernbleiben der Sozialdemokraten vom Staatsempfang. Man wolle sich nicht an Strauß' "unangemessener Monumentalisierung" als Claqueur beteiligen.

Die CSU zeigte sich gekränkt. Es sei "armselig", wie die bayerische Opposition das "staatliche Gedenken an einen langjährigen Ministerpräsidenten missbraucht", erklärte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer : "Die absurden Verzerrungen von SPD , Freien Wählern und Grünen haben einen neuen Tiefpunkt erreicht". Staatskanzlei-Chef Marcel Huber (CSU ) sprach von einem "schlechten Stil" und einem "fragwürdigen Demokratieverständnis". SPD und Grüne warfen der CSU vor, sich nicht kritisch mit ihrem früheren Vorsitzenden auseinanderzusetzen. Das sei "überfällig", meinte Bause. Stattdessen werde dessen Mythos gepflegt und seine "Beweihräucherung" fortgesetzt. CSU-Vorstand Bernd Posselt nannte Strauß hingegen "einen der bedeutendsten geostrategischen Denker des 20. Jahrhunderts". Der ehemalige CSU-Chef sei ein "Anwalt der Menschenrechte" gewesen, der gegen den Eisernen Vorhang gekämpft habe, als andere ihm noch "Ewigkeitswert" verleihen wollten.

Meinung:

Kleinkariert

Von SZ-MitarbeiterRalf Müller

Abgesehen von Mutter Teresa wird es wohl schwierig sein, eine Figur der Zeitgeschichte ohne jede Schattenseite zu finden, sozusagen die personifizierte moralische und politische Korrektheit. Nun war Franz Josef Strauß von diesem Idealbild ziemlich weit entfernt. Die CSU wäre gut beraten, das nicht komplett auszublenden. Aber auch die Opposition wird nicht bestreiten können, dass Strauß Bayern vorangebracht hat. Sicherlich nicht allein, aber doch an maßgeblicher Stelle hat er den Freistaat von einem hinterwäldlerischen Agrarland zu einem modernen Industriestaat geführt. Hätte Strauß an einer Gedenkveranstaltung für Willy Brandt oder Egon Bahr teilgenommen? Mit einiger Sicherheit. Denn bei allem, was man ihm vorwerfen mag, eines war er nicht: kleinkariert.

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