Klimawandel durch Staubwolken

Braunschweig. Der 24. März 2007 begann in der Ukraine als sonniger Frühlingstag. Seit zwei Wochen hatte es nicht geregnet und der Boden war knochentrocken. Als plötzlich Sturm aufkam und Böen mit bis zu 90 Kilometer pro Stunde über die Steppe fegten, stiegen von den ausgetrockneten Schwarzerde-Böden gewaltige Staubwolken kilometerhoch in den Himmel

Braunschweig. Der 24. März 2007 begann in der Ukraine als sonniger Frühlingstag. Seit zwei Wochen hatte es nicht geregnet und der Boden war knochentrocken. Als plötzlich Sturm aufkam und Böen mit bis zu 90 Kilometer pro Stunde über die Steppe fegten, stiegen von den ausgetrockneten Schwarzerde-Böden gewaltige Staubwolken kilometerhoch in den Himmel. Die meteorologische Konstellation dieses Tages sorgte dafür, dass die Wolken mit bis zu 70 Kilometern pro Stunde nach Mitteleuropa geweht wurden. Tags darauf rieselte der Staub der ukrainischen Äcker über dem 1500 Kilometer entfernten Deutschland nieder. Im Erzgebirge machte er sich als Gelbschimmer am Himmel bemerkbar. Die Filter des staatlichen Luftüberwachungsnetzes enthielten einen bräunlichen Niederschlag. Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung fanden in den Filtern ungewöhnlich viele Staubpartikel. Auf einem Foto des Wettersatelliten Eumetsat entdeckten die Forscher den Ursprung der Staubfahne, die über ganz Europa hinweggezogen war. Die Gesamtmasse schätzten sie zunächst auf über 60000 Tonnen. Das entspricht mehr als 600 Eisenbahnwaggons voll Sand. Die tatsächliche Masse war wahrscheinlich sehr viel höher, da die Messgeräte nur einen Teil der Partikel erfassen konnten. Tschechische Forscher vom Institut für Geologie der Akademie der Wissenschaften in Prag bezifferten später die mutmaßliche Gesamtlast auf drei Millionen Tonnen. Die Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig gehen nun davon aus, dass brachliegende Ackerflächen und Versteppungsprozesse die Luftqualität weltweit stärker beeinflussen als bisher angenommen. Sie schätzen die jährlichen Staubmengen, die weltweit in den unteren Schichten der Atmosphäre kursieren, auf bis zu 2000 Millionen Tonnen. Die Staubteilchen stammen meist aus Trockengebieten und Wüsten. Ein Fünftel könnte auf menschliche Aktivitäten, zum Beispiel Ackerbau, zurückgehen. Diese Staubpartikel haben Folgen fürs Klima - doch die Wissenschaft kann sie bisher nicht sicher bestimmen. Denn der feine Staub dämpft sowohl die Sonneneinstrahlung als auch die Wärmestrahlung ins Weltall. np

HintergrundStaubwolken am Himmel über Deutschland werden meist aus der Sahara übers Mittelmeer zu uns geweht, so das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. Sie ziehen bis zu zehnmal im Jahr in drei bis sechs Kilometern Höhe über unsere Köpfe. Die Forscher gehen davon aus, dass Staub am Boden kühlend und in der höheren Atmosphäre erwärmend wirkt. Doch sichere Erkenntnisse gibt es noch nicht. np

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