Kim droht USA mit Atomwaffen-Krieg

Peking · Erst kündigt Nordkorea den Start von Satelliten an, dann brüstet sich das Land mit der Verbesserung von Atomwaffen. Vor dem 70. Gründungstag der Arbeiterpartei gibt sich Nordkorea unnachgiebig. Der Westen ist besorgt.

Die nordkoreanische Regierung hat ihr Kernwaffenprogramm wieder aufgenommen und droht den USA mit einem Atomangriff. "Wir sind absolut bereit, unser Nuklearpotenzial gegen die USA und andere Länder, die uns feindlich gesonnen sind, einzusetzen", ließ das Atomenergie-Institut des Landes mitteilen. "Alle Anlagen in Yongbyon inklusive der Urananreicherung und des Reaktors sind generalüberholt und regulär angefahren." Es ist nicht das erste Mal, dass Nordkorea anderen Ländern mit Vernichtung droht. Doch nach 30 Jahren Entwicklungszeit nähert sich das Land dem Status einer echten Atommacht: Dazu gehört es, Kernwaffen nicht nur bauen, sondern auch ans Ziel bringen zu können. Bisher hatte Nordkorea keine Möglichkeit, Atombomben von den selbst entwickelten Raketen transportieren zu lassen - die Tragkraft reichte nicht aus.

"Die Fortschritte sind deutlich erkennbar", sagt Narushige Michishita, Nordkorea-Experte am National Graduate Institute for Policy Studies in Tokio. Schon die Raketentests der vergangenen zwei Jahre haben eine konsequente Entwicklung der Technik offenbart. Wenn die Bomben immer kleiner und die Traglast der Raketen immer größer werden, "dann passt beides früher oder später zusammen". Experten wie Michishita sind bei ihrer Einschätzung jedoch auf Vermutungen angewiesen, und selbst Geheimdienste können nur versuchen, den technischen Stand Nordkoreas anhand von Satellitenbildern und Aussagen von Überläufern zu enträtseln. Bisher ist daher noch unklar, welchen Raketentyp das Regime als nächstes testen wird - und wie hoch dessen Nutzlast sein wird. Offiziell hat das Land den Start mehrerer Satelliten zum 70. Jahrestag der Gründung der regierenden Arbeiterpartei im Oktober angekündigt. Trägerraketen für Satelliten und Interkontinentalraketen sind nur verschiedene Anwendungen der gleichen Technik. Die internationale Reaktion war eindeutig: USA, EU und Südkorea forderten Kim auf, das Atomprogramm wieder zu stoppen. Auch China ist unzufrieden mit der aggressiven Geste, wie in Peking zu hören war. Nordkorea könnte nun auch zu einem Thema des Besuchs von Staatspräsident Xi Jinping in Washington kommende Woche werden.

Analysten halten Machthaber Kim Jong-Un jedoch für fest entschlossen, ein echtes nukleares Drohpotenzial aufzubauen. Anders als seinem Vater geht es ihm nicht darum, seine Position kurzfristig zu stärken. Dieser hatte mit der Androhung von Atomtests mehrfach Wohltaten von USA und Südkorea erpresst. Der jüngere Kim glaubt jedoch daran, seine Position unangreifbar zu machen, wenn er das Projekt bis zum Ende durchzieht.

Ganz entscheidend dafür ist die Fähigkeit, Atomwaffen auch dann noch abfeuern zu können, wenn beispielsweise die USA bereits angreifen. Kim lässt daher mobile Abschussbasen entwickeln und hat den Start von einem U-Boot aus testen lassen. Die Raketen dafür sind jedoch deutlich kleiner als die Modelle für die Satellitentests. Dennoch befindet sich Tokio schon in naher Zukunft in "nuklearer Geiselhaft", wie Michishita glaubt. Am Standort Yongbyon betreibt Nordkorea bereits seit den 60er Jahren Reaktoren, die auch waffenfähiges Plutonium herstellen können. In den vergangenen zwei Jahren könnten die Reaktoren hier bis zu sechs Kilo Plutonium erbrütet haben - genug für zwei Bomben. Die Internationale Atomenergiekommission der Uno warnt schon seit Wochen vor verstärkter Aktivität an dem Standort. Das kann darauf hindeuten, dass die Techniker abgebrannte Brennstäbe entnehmen, um das Plutonium zu ernten.

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