Kiew dreht der Krim den Geldhahn zu

Eine Woche vor dem geplanten Referendum der ukrainischen Halbinsel Krim über einen Anschluss an Russland hat sich der Konflikt zwischen Moskau und Kiew weiter verschärft. Die neue prowestliche Regierung der Ukraine drehte der moskautreuen Führung der Krim den Geldhahn zu.

Prorussische Bewaffnete hatten zuvor OSZE-Beobachtern mit Warnschüssen den Zutritt zur Krim verweigert. Der Konflikt erfasste auch den Osten der Ukraine, wo prorussische Aktivisten in der Stadt Lugansk den Gouverneur absetzten. US-Präsident Barack Obama drohte Russland mit schwerwiegenden Sanktionen, sollte Moskau in der Krise nicht einlenken.

Krim-Vizeregierungschef Rustam Temirgalijew sagte gestern, wegen einer Sperrung der Bankkonten könne das autonome Gebiet laufende Geschäfte nicht mehr finanzieren. Die Führung habe sich an Moskau gewandt, um bei russischen Banken Konten zu eröffnen. Die Halbinsel werde sowieso die russische Währung Rubel einführen, sollte die Mehrheit der Krim-Bevölkerung am 16. März für einen Beitritt zu Russland stimmen, sagte Temirgalijew.

Die Bewohner der Halbinsel sollen in einem Referendum darüber entscheiden, ob sich die Krim der Russischen Föderation anschließt. Eine Mehrheit gilt als wahrscheinlich. Die über Jahrhunderte russische Halbinsel gehört völkerrechtlich zur Ukraine. Die Regierung in Kiew und der Westen werfen Russland vor, die Halbinsel vor etwa einer Woche völkerrechtswidrig unter Kontrolle gebracht zu haben. Die neue politische Führung der Krim will den Beitritt zu Russland schnell unter Dach und Fach bringen. "Der Übergangsprozess in eine neue Rechtsprechung ist kompliziert. Aber wir gehen davon aus, dass alles noch im März gelingt", sagte der Vorsitzende des prorussischen Regionalparlaments, Wladimir Konstantinow.

Russlands Präsident Wladimir Putin nahm gestern in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel die Krim-Regierung in Schutz. Die "legitime" Führung handele in Übereinstimmung mit internationalem Recht und schütze die Interessen der Bewohner auf der Halbinsel. Merkel ließ dagegen nach einem Telefonat mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan erklären, die Souveränität, territoriale Integrität und politische Einheit der Ukraine müssten unbedingt geschützt werden.

Währenddessen stürmten in der ostukrainischen Stadt Lugansk Tausende prorussische Aktivisten den Sitz der Gebietsregierung. Demonstranten seien in zahlreichen Bussen aus Russland über die nahe Grenze zu der Kundgebung gefahren, berichteten örtliche Medien. Der abgesetzte Gouverneur Michail Bolotskych war erst seit einer Woche im Amt. Auch in der östlichen Großstadt Donezk, einer Hochburg des gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch, forderten Tausende Demonstranten ein Referendum über einen Beitritt zu Russland.

Prorussische Uniformierte feuerten am Samstag Warnschüsse ab, als sich ein Bus mit Militärbeobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) einem Kontrollpunkt der Krim näherte. Die Militärexperten waren schon in den Tagen zuvor mehrfach daran gehindert worden, auf die Krim zu gelangen.

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