Kein Mindestlohn in der Schweiz

Bern · Schön wäre ein Mindest-Stundenlohn von umgerechnet 18,50 Euro schon. Aber gefährlich für den Wirtschaftsstandort, sagten sich die Schweizer – und lehnten die Gewerkschaftsforderung mit großer Mehrheit ab.

Die Schweizer haben sich bei einer Volksabstimmung mit großer Mehrheit gegen die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von umgerechnet rund 18,50 Euro pro Stunde ausgesprochen. Sie wiesen die Forderung der Gewerkschaften nach einer in der Verfassung verankerten Lohnuntergrenze laut Hochrechnung mit 77 Prozent Nein-Stimmen klar zurück.

Ganz knapp scheiterte nach den Berechnungen des Forschungsinstituts gfs.bern für das Schweizer Fernsehen SRF das Vorhaben der Regierung, umgerechnet 2,6 Milliarden Euro für 22 neue Kampfjets auszugeben. 52 Prozent der Abstimmenden votierten demnach dagegen.

Dass die Mindestlohn-Initiative der Gewerkschaften, die vor allem von den Sozialdemokraten unterstützt wurde, an der Urne scheitern würde, war seit Wochen absehbar. Überraschend war allerdings der hohe Anteil an Nein-Stimmen.

"Dies ist ein großartiger Erfolg", freute sich der Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV), Hans-Ulrich Bigler. "Die Schweiz will kein Lohndiktat in den Unternehmen." Die Wirtschaft hatte vor einer vorgeschriebenen Lohnuntergrenze gewarnt - sie schade dem Standort Schweiz und drohe Arbeitsplätze zu vernichten. "Dies war nun ein klares Votum des Volkes für die Wirtschaft und das System, den Lohn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auszuhandeln", sagte Bigler im SRF-Fernsehen.

Die Gewerkschaften übten sich nach der deutlichen Niederlage in kämpferischem Optimismus. Man werde weiterhin gegen niedrige Löhne vorgehen, nun aber auf anderen Wegen, erklärte Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB). Er warf den Unternehmern "Angstmacherei" vor.

In Deutschland hatte sich die schwarz-rote Bundesregierung erst nach viel Hin und Her auf die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde geeinigt. Über Ausnahmen wird immer noch gestritten.

Zustimmung gab es bei den Schweizer Referenden für eine Initiative, straffällig gewordenen Pädophilen jedwede berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit mit Minderjährigen auf Lebenszeit zu verbieten. Dafür stimmten laut Hochrechnungen 63 Prozent. Mit 87,5 Prozent wurde der Vorschlag angenommen, ein Gebot zur Gewährleistung einer medizinischen Grundversorgung in der Verfassung zu verankern.

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