Kabul will 36 000 Taliban zum Aufgeben bewegen

Kabul/Berlin. Mit einem 600 Millionen Euro schweren Aussteigerprogramm will die afghanische Regierung 36 000 Taliban-Kämpfer dazu bewegen, ihre Waffen niederzulegen. Seinen auf fünfeinhalb Jahre angelegten Plan will Präsident Hamid Karsai heute bei der internationalen Afghanistan-Konferenz in Kabul den Delegationen aus mehr als 70 Ländern vorlegen

Kabul/Berlin. Mit einem 600 Millionen Euro schweren Aussteigerprogramm will die afghanische Regierung 36 000 Taliban-Kämpfer dazu bewegen, ihre Waffen niederzulegen. Seinen auf fünfeinhalb Jahre angelegten Plan will Präsident Hamid Karsai heute bei der internationalen Afghanistan-Konferenz in Kabul den Delegationen aus mehr als 70 Ländern vorlegen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (Foto: ddp) will im Abschlussdokument das Ziel verankern, dass die Afghanen bis 2014 selbst für ihre Sicherheit sorgen. Insgesamt werden 40 Außenminister zu den nur siebenstündigen Beratungen in der afghanischen Hauptstadt erwartet, darunter neben Westerwelle auch die US-Ressortchefin Hillary Clinton. Bei dem Treffen in Kabul soll ein halbes Jahr nach der wegweisenden Afghanistan-Konferenz in London Zwischenbilanz gezogen werden. In der britischen Hauptstadt war die Wiedereingliederung gemäßigter Taliban bereits auf den Weg gebracht worden. Jetzt soll sie weiter konkretisiert werden. Der Plan Karsais soll in 22 der 34 afghanischen Provinzen angewendet werden. Zum einen ist vorgesehen, Taliban-Mitläufern den Ausstieg durch finanzielle und materielle Hilfe zu erleichtern. Zum anderen soll auch mit ranghohen Kommandeuren der Taliban über ein Ende der Gewalt verhandelt werden. Ihnen könnten unter anderem Straffreiheit und Exil in einem sicheren Drittstaat in Aussicht gestellt werden. Westerwelle will in Kabul bei den Bemühungen um eine möglichst baldige Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen weiterkommen. Es wäre ein "bedeutender Fortschritt", wenn das gelingen würde, sagte er. Der Prozess soll bereits im nächsten Jahr in drei bis vier Provinzen beginnen. Eine davon soll im Zuständigkeitsbereich der Bundeswehr im Norden des Landes liegen. Westerwelle sagte, der Konferenzort Kabul sei von sehr großer Symbolkraft. "Es ist das erste Mal, dass eine Konferenz über Afghanistan auch in Afghanistan unter afghanischer Verantwortung stattfindet", sagte er. Er erwarte "wichtige politische Weichenstellungen" von dem Treffen. Es müssten aber zwei Dinge erreicht werden: dass von Afghanistan keine Terrorgefahr mehr ausgehe und dass die grundlegenden Menschenrechte und Grundfreiheiten geachtet würden. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen räumte ein, dass die internationale Gemeinschaft den Einsatz am Hindukusch unterschätzt habe. "Nach neun Jahren internationalen Engagements ist es auf schmerzvolle Weise deutlich geworden, dass der Preis, den wir zahlen müssen, viel höher ist als erwartet." Bei einem Sprengstoffanschlag in der Provinz Kundus wurden derweil vier Bundeswehrsoldaten leicht verletzt. dpa

HintergrundAuf die Strafanzeige der Mutter eines in Afghanistan getöteten Soldaten hin prüfen nun drei Staatsanwaltschaften, ob eine unzureichende Einsatzplanung für den Tod des Feldwebels am Karfreitag bei Kundus verantwortlich ist. Dies sagte gestern ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Potsdam. Die Mutter wirft der Bundeswehr einem "Spiegel"-Bericht zufolge schweres Versagen vor: Man habe die Einheit ihres Sohnes "unter bewusster Versagung militärischer Hilfe verrecken lassen". afp

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