Kabinett plant Reform der Pflegeausbildung

Berlin · Eine alternde Gesellschaft braucht mehr Pflege. Aber schon heute fehlt qualifiziertes Personal in Kliniken, ambulanten Diensten und Heimen. Die Regierung will deshalb die Pflegeausbildung attraktiver machen.

Schulabgänger, die in der Pflege arbeiten wollen, müssen sich bisher zwischen Klinikjob, Pflegedienst oder Altenheim entscheiden. Das soll sich bald ändern. Möglicherweise morgen will die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Reform der Pflegeausbildung verabschieden. Das Gesetzesvorhaben ist Teil einer umfassenden Modernisierung der Pflege. Ziel ist es, die bisher getrennten Ausbildungen in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege zusammenzuführen. Gerechnet wird mit Mehrkosten von 320 Millionen Euro. Die neue Pflegeausbildung wird den Plänen zufolge drei Jahre dauern. Die künftigen "Pflegefachfrauen" und "Pflegefachmänner" sollen angemessen vergütet werden; das bisher teilweise noch zu zahlende Schulgeld soll entfallen. Ergänzend vorgesehen ist eine dreijährige Pflegeausbildung an Hochschulen mit erweiterten Ausbildungszielen und einem akademischen Grad.

Pflegeexperten weisen darauf hin, dass alle Reformen wenig nützten, wenn der Pflegeberuf nicht attraktiver gemacht werde. Bis 2030 wird die Zahl der Pflegebedürftigen um die Hälfte auf knapp 3,5 Millionen Menschen steigen, 2050 werden es bereits 4,5 Millionen sein. Schon heute fehlt qualifiziertes Personal in Krankenhäusern und Heimen: Allein in der Altenpflege wird der Mangel auf rund 30 000 geschätzt. Und die Betreuung von Pflegebedürftigen in der Familie wird immer schwieriger. Die Bertelsmann Stiftung geht im 2012 veröffentlichten "Pflegereport 2030" gar von einer halben Million an fehlenden Fachkräften aus. Vom drohenden Pflegenotstand ist die Rede. Schon heute wirbt die Bundesrepublik im Ausland Pflegekräfte an. Ohne Migranten werde es "eine nicht schließbare Lücke" an Pflegekräften geben, erklärte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD ). Im Schuljahr 2013/2014 absolvierten 133 000 Auszubildende eine der drei derzeitigen Pflegeausbildungen, 62 000 davon in der Altenpflege. Ziel einer Zusammenlegung der Ausbildungen soll es sein, die Pflegeberufe attraktiver zu machen und Berufswechsel innerhalb der Branche zu ermöglichen.

Die generalistische Pflegeausbildung ist allerdings in der Branche umstritten. Pflege- und Wohlfahrtsverbände begrüßten den Schritt. Nach Einschätzung der kirchlichen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie ist die Gesetzesvorlage "die richtige Antwort auf die veränderten Anforderungen, die sich durch die demografischen Veränderungen für das Gesundheitssystem ergeben". Demgegenüber erklärt etwa das Bündnis für Altenpflege: "Das geplante Gesetz führt zur Gefährdung der Versorgungsqualität."

Auch der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) warnt vor einer "Verflachung" der Kenntnisse. Eine generalistische Ausbildung führe "zwangsläufig zu verflachtem Wissen - und zwar einseitig zulasten der Altenhilfe", sagt bpa-Chef Bernd Meurer. Auch die Kinder- und Jugendärzte schlagen Alarm. "Die Pflege kranker Kinder wird sehr darunter leiden; dies wird zu einem deutlichen Qualitätsverlust in der Pflege führen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort