Jetzt werden wieder Daten gespeichert

Berlin · Ist es okay, im Namen der Verbrechensbekämpfung im großen Stil Internet- und Telefondaten zu speichern? Darüber tobt seit Jahren Streit. Nun führt Deutschland die Vorratsdatenspeicherung wieder ein.

Nach jahrelangem Streit und gegen den Protest von Opposition und Datenschützern hat der Bundestag eine Rückkehr zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung beschlossen. Telekommunikationsdaten sollen künftig bis zu zehn Wochen aufbewahrt werden, damit Ermittler bei der Bekämpfung von Terror und schweren Verbrechen darauf zugreifen können. Linke, Grüne, Piraten, FDP und Netzaktivisten halten das Vorhaben für verfassungswidrig und unverhältnismäßig. Mehrere Politiker und Initiativen kündigten bereits an, gegen das Gesetz zu klagen.

Telekommunikationsanbieter sollen Telefon- und Internetverbindungsdatenkünftig zweieinhalb Monate aufbewahren. Dazu gehören Rufnummern, Zeitpunkt und Dauer der Anrufe sowie die IP-Adressen von Computern. Daten zum E-Mail-Verkehr werden nicht gespeichert. Standortdaten bei Handy-Gesprächen sollen vier Wochen gespeichert werden. Die Behörden dürfen die Daten nur zur Verfolgung bestimmter schwerer Straftaten nutzen - etwa bei der Bildung terroristischer Gruppen, Mord oder sexuellem Missbrauch. Den Abruf der Informationen muss ein Richter erlauben. Die Daten von Berufsgeheimnisträgern - etwa Rechtsanwälten, Ärzten oder Journalisten - dürfen nicht verwertet werden.

Die Telekommunikationsfirmen müssen bei der Speicherung Sicherheitsvorkehrungen einhalten, dazu einen Server im Inland benutzen und die Daten nach Ablauf der vier oder zehn Wochen unverzüglich löschen. Andernfalls droht ein Bußgeld.

Justizminister Heiko Maas (SPD ) hatte sich lange gegen die Rückkehr zur Vorratsdatenspeicherung gesperrt, über Monate mit Innenminister Thomas de Maizière (CDU ) um das Thema gerungen und erst auf Drängen von SPD-Chef Gabriel den Entwurf für eine Neuregelung vorgelegt. Maas verteidigte diese nun als verhältnismäßig und rechtlich einwandfrei: Im Gegensatz zur früheren Regelung würden weniger Daten gespeichert, kürzer aufbewahrt, und es gebe hohe Hürden für den Zugriff.

Vor dem Bundestag demonstrierten Kritiker gegen das neue Gesetz. Es gibt aber auch andere Unzufriedene: Sicherheitsbehörden hatten sich längere Speicherfristen gewünscht. Und Telekommunikationsfirmen befürchten hohe Kosten für die Umsetzung. Die Vorratsdatenspeicherung ist seit Jahren umstritten. Der Europäische Gerichtshof hatte die EU-weiten Vorgaben 2014 gekippt - wegen Verstößen gegen Grundrechte.

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HintergrundBei der namentlichen Abstimmung über die umstrittene Vorratsdatenspeicherung im Bundestag haben viele SPD-Abgeordnete mit Nein votiert. Während 129 SPD-Abgeordnete am Freitag für den Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas stimmten, sagten 43 Sozialdemokraten Nein zu den Plänen. Sieben enthielten sich. Insgesamt stimmten 404 Parlamentarier für die Rückkehr zur Datenspeicherung auf Vorrat, 148 dagegen. Die Unions-Abgeordneten votierten geschlossen dafür, Linke und Grüne stimmten geschlossen gegen das Vorhaben. dpa

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