Jeder zehnte Syrer ist tot oder verletzt

Kairo · Seit nunmehr fünf Jahren tobt der Krieg in Syrien und die Bilanz fällt verheerend aus: Rund 470 000 Menschen wurden getötet, rund 1,9 Millionen wurden verletzt. Über zehn Millionen Syrer sind im In- und Ausland auf der Flucht.

300 000 Zivilisten in Syriens größter Stadt Aleppo hoffen, das Schlimmste werde ihnen erspart, wenn die auf der Syrien-Konferenz in München geschlossene Übereinkunft in die Tat gesetzt wird und das Assad-Regime die Metropole nicht durch Aushungern zur Kapitulation zwingt. Dabei unterstützen keineswegs alle Bewohner der Stadt die Rebellen. Nicht wenige -genaue Zahlen kennt niemand - stehen immer noch hinter dem Regime und viele blieben bis heute neutral.

Die unabhängige in Beirut stationierte Denkfabrik "Syrian Center for Policy Research" (SCPR) kommt in einer Studie zu dem Schluss, dass 400 000 Menschen seit 2011 direkt durch Militäraktionen starben und weitere 70 000 als Folge des Krieges - Mangel an Nahrungsmitteln, sauberem Wasser und medizinischer Versorgung. 1,9 Millionen erlitten Verletzungen. Damit wurde jeder zehnte Syrer getötet oder verletzt. Die Lebenserwartung syrischer Bürger sank von 70 Jahren vor Kriegsbeginn auf 55,4 heute. 45 Prozent der Vorkriegs-Bevölkerung ist auf der Flucht, 6.36 Millionen innerhalb Syriens und vier Millionen suchten Schutz im Ausland, wo sie vom UN-Flüchtlingshochkommisariat (UNHCR) registriert wurden, davon 2,1 Millionen in Jordanien, im Libanon, im Irak und in Ägypten, 1,9 Millionen in der Türkei und mehr als 26 700 in Nord-Afrika. In europäischen Ländern suchten seit April 2011 weniger als 900 000 Syrier um Asyl an.

Humanitäre Einrichtungen werden in diesem Krieg seit langem nicht verschont. 177 Spitäler wurden zerstört und 700 Ärzte und medizinische Hilfskräfte getötet. Die mittelalterliche Kriegsmethode der Belagerung und Aushungerung der Zivilbevölkerung trifft nach Schätzungen der Gruppe "Siege Watch" mehr als eine Million Menschen, mehr als doppelt so viele als die UN angeben. Vertreter von Hilfsorganisationen, die im Januar das seit vielen Monaten von Regierungssoldaten belagerte Bergstädtchen Madaya, nordwestlich von Damaskus, betreten konnten, fanden zu Skeletten abgemagerte Menschen vor, die ihre hungernden Kinder nur durch Schlafmittel zur Ruhe bringen konnten.

"Ärzte ohne Grenzen " schätzt, dass insgesamt 1,9 Millionen Syrer in barrikadierten Gebieten ausharren, in denen ihnen regelmäßige humanitäre Hilfe ebenso verwehrt wird, wie die Möglichkeit dieser Belagerung zu entkommen.

Das volle Ausmaß dieses Leidens bleibt bisher der Welt verborgen. Nicht zuletzt aufgrund schwerster Schäden an der Infrastruktur erlitt die Wirtschaft laut der Organisation SCPR bisher Verluste von geschätzten 255 Milliarden Dollar. 69,3 Prozent der Bevölkerung leben in extremer Armut, 35 Prozent der Syrer können sich nach Angaben von Hilfsorganisationen nicht mehr mit dem zum Überleben Notwendigen versorgen.

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