Jeder elfte Arbeitnehmer zahlt Spitzen-Steuersatz

Köln · Es trifft keineswegs nur Top-Verdiener: In Deutschland berappen gut vier Millionen Arbeitnehmer den höchsten Steuersatz. Das muss sich ändern, meinen Experten.

Auch Arbeitnehmer mit durchschnittlichem Verdienst haben in Deutschland hohe Belastungen durch Steuern und Sozialabgaben. Das zeigt eine aktuelle Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft. Viele Alleinstehende, aber auch Ehepaare und Familien geben demnach fast die Hälfte ihres Einkommens an den Fiskus ab. Insgesamt zahlen 4,2 Millionen Menschen den Spitzen-Steuersatz von 42 Prozent, das ist rund jeder elfte Erwerbstätige. Nach Angaben des IW erbringen die zehn Prozent der Haushalte mit den höchsten Einkommen rund 48,2 Prozent der gesamten Einkommensteuer-Summe.

Auf der anderen Seite zahlen 2,7 Millionen Erwerbstätige oder 7,8 Prozent gar keine Einkommensteuer, weil ihr Verdienst zu gering ist. Sie entrichten aber Sozialbeiträge. Für diese Haushalte ist die Mehrwertsteuer die größte Belastung. Die Einkommensteuer steigt mit dem Verdienst, die Mehrwertsteuer fällt unabhängig vom Gehalt an.

Insgesamt stellt die Studie heraus, dass auch Gering- und Durchschnittsverdiener hierzulande stark durch Steuern und Abgaben belastet werden. So zahlen Alleinstehende mit einem Brutto-Einkommen von knapp 2000 Euro bereits mehr als 46 Prozent Steuern und Sozialabgaben, wenn die Mehrwertsteuer eingerechnet wird. Auch Ehepaare ohne Kinder und Familien leisten demnach rund 47 Prozent beziehungsweise 44 Prozent Steuern und Abgaben.

Das IW sieht zwar die Grundidee des Steuersystems verwirklicht, dass starke Schultern mehr Last tragen sollten. Auch Steuergerechtigkeit sei in Deutschland gegeben. Dennoch sehen die Wissenschaftler Reformbedarf. Sie fordern etwa, den progressiven Einkommensteuer-Tarif im unteren Bereich abzusenken. Damit würden die Bürger entlastet, der Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit steige. Zudem seien mit 4,2 Millionen Menschen "relativ viele Steuerpflichtige" vom Spitzensteuersatz betroffen, monierte das Institut. Auch der Bund der Steuerzahler forderte eine Entlastung von Familien und Mittelschicht. Präsident Reiner Holznagel sagte im Südwestrundfunk, der Spitzen-Steuersatz solle erst ab 80 000 Euro greifen statt wie bisher schon ab 54 000 Euro.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort