Istanbul in Angst

Istanbul · Der Selbstmordattentäter von Istanbul ist identifiziert. Nach Angaben der Regierung handelt es sich um einen IS-Anhänger aus der Türkei. Es ist nicht der erste Anschlag der Terrormiliz im Land.

Am Tag nach dem Anschlag ist es gespenstisch ruhig in Istanbul . Auf der an Sonntagen sonst brechend vollen Einkaufsstraße Istiklal sind nur vereinzelt Menschen unterwegs. Der Bezirksbürgermeister Ahmet Misbah Demircan, versucht, unbekümmert zu wirken. "Wir werden unseren normalen Lebensstil weiterführen", sagt er. Auch die Händler der Istiklal kämpfen gegen die Verunsicherung. Sie haben am Anschlagsort Schilder niedergelegt mit der Aufschrift. "Wir haben keine Angst. Wir sind hier. Wir werden uns nicht (daran) gewöhnen." Nelken und türkische Flaggen säumen den Laden, vor dem sich der Selbstmordattentäter am Samstag in die Luft sprengte und vier Menschen mit in den Tod riss.

Dennoch bleiben die meisten Menschen an diesem Sonntag lieber zu Hause und die Touristen in ihren Hotels. Sie haben eben doch Angst nach dem inzwischen fünften Terroranschlag innerhalb eines halben Jahres in den zwei Metropolen Istanbul und Ankara.

Vier Tote, 39 Verletzte

Der türkische Innenminister Efkan Ala erklärte, der Attentäter habe Verbindungen zur Terrormiliz IS gehabt. Schon im Januar hatte sich ein IS-Attentäter - so die Annahme der Regierung - in Istanbul in einer deutschen Reisegruppe in die Luft gesprengt und zwölf Deutsche mit in den Tod gerissen.

Bei dem Anschlag jetzt am Samstag starben drei Israelis. Zehn Israelis sind auch unter den 39 Verletzten. Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte, es sei noch unklar, ob der Anschlag auf israelische Touristen abzielte. Ein weiteres Todesopfer kommt nach türkischen Medienberichten aus dem Iran. Die getöteten und verletzten Israelis waren Teil einer Reisegruppe, die zu einem "kulinarischen Ausflug" in Istanbul unterwegs war. Kurz vor dem tödlichen Anschlag machten sie noch ein Gruppenfoto, auf dem sie sorglos lächelnd zu sehen sind .

Der 1992 geborene Attentäter Mehmet Ö. stammt nach Regierungsangaben aus dem südtürkischen Gaziantep. Türkische Medien berichten außerdem, dass die Eltern ihren Sohn vor rund drei Jahren vermisst gemeldet hätten und Ö. sich in Syrien dem IS angeschlossen hatte. Ö. war jedoch nicht zur Fahndung ausgeschrieben, wie Innenminister Ala weiter erklärte. Details nannte er dazu nicht. Fünf Verdächtige seien im Zusammenhang des Anschlags festgenommen worden, und es werde weiter ermittelt, sagte er.

Es sind die üblichen Beteuerungen der türkischen Regierung. Verhindern konnten die Behörden auch diesen Anschlag nicht. Dabei ist spätestens seit dem verheerenden Anschlag in Ankara im Oktober mit über 100 Toten klar, dass sich auch Türken radikalisieren und dem IS in Syrien anschließen. An der Grenze zur Türkei kontrolliert der IS ein großes Gebiet in Syrien. Die genauen Verbindungen und Hintergründe der vorherigen IS-Anschläge wurden nie bekannt. Auch bleibt offen, warum sich der IS noch nie zu einem Anschlag in der Türkei bekannt hat.

Konsequenzen wird der Anschlag voraussichtlich auf den für die Türkei so wichtigen Tourismus haben. Israel gab eine Reisewarnung für die Türkei heraus. Das Auswärtige Amt riet Deutschen in Istanbul weiterhin zu großer Vorsicht.

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