Ist der Kundewirklich schuld?

Dioxin-Skandal · Ist der Kundewirklich schuld?Zum Dioxin-Skandal in der deutschen Landwirtschaft (verschiedene SZ-Artikel) Jetzt weiß ich, wer an allem schuld ist: Es ist der Verbraucher. Er ist schuld an BSE, Vogelseuche, Gammelfleisch, Giftzutaten

 Ökobauer Rudolf Bühler trieb am Mittwoch seine Landschweine vor das Bundeskanzleramt in Berlin. Er protestierte auf diese Weise gegen Dioxin in Futtermitteln und gegen Gentechnik. Foto: dpa

Ökobauer Rudolf Bühler trieb am Mittwoch seine Landschweine vor das Bundeskanzleramt in Berlin. Er protestierte auf diese Weise gegen Dioxin in Futtermitteln und gegen Gentechnik. Foto: dpa

Ist der Kunde

wirklich schuld?

Zum Dioxin-Skandal in der deutschen Landwirtschaft (verschiedene SZ-Artikel)

Jetzt weiß ich, wer an allem schuld ist: Es ist der Verbraucher. Er ist schuld an BSE, Vogelseuche, Gammelfleisch, Giftzutaten. Der Kunde mit seiner angeblichen Billig-Billig-Mentalität würde nur zum billigsten Angebot greifen und nicht hinterfragen, wo die Ware herkommt. Dann muss ich mich aber fragen: Wer propagiert denn täglich den ruinösen Wettbewerb? Sind es nicht die EU und unser Staat, die uns immer wieder auffordern, nur beim billigsten Anbieter zu kaufen oder ihn zu wechseln? Übrigens: Dass mit dem Purzeln der Preise auch das Lohnniveau sinken würde, konnte man sich an den fünf Fingern abzählen.

Günther Lewerenz,

Spiesen-Elversberg

Keine Spur von

Schuldbewusstsein

Denk ich an Deutschland in der Nacht, so bin ich um den Schlaf gebracht. Ein Skandal nach dem anderen. Dieser Dioxin-Skandal ist total verwerflich. Die Verantwortlichen sollte man in Käfige sperren. Als Mahlzeiten empfehle ich das von ihnen verseuchte Futter. Dann wissen sie, was sie den Tieren und den Menschen angetan haben. Tausende unschuldige Tiere werden getötet. Von dem weiteren Schaden ganz zu schweigen. Durch die so genannte Resteverwertung klingen die Kassen natürlich lauter. Diese Leute haben kein Schuldbewusstsein, sie gefährden das Leben von Mensch und Tier.

Ingeborg Schempershauve, Saarbrücken

Der Verbraucher ist

der Angeschmierte

Die Panscherei wurde im Mittelalter schwer bestraft, da sie immer kriminellen Ursprungs ist und nie aus Zufall geschieht; denn es geht nur um den Profit. Deshalb sollte auch heute jede Lebensmittel-Verfälschung oder -Fälschung an sich (da Betrug am Konsumenten) rigoros verfolgt und bestraft werden. Der Staat sollte dabei auch als gutes Beispiel vorangehen und selbst das Panschen, wie mit dem Sprit E10 (ökologisch umstritten mit sogar weniger Effizienz) unterlassen. Denn es macht keinen Unterschied, ob man dem Wein noch Wasser und Glykol beigibt oder Methanol dem Benzin. Der Verbraucher ist so oder so der Angeschmierte.

Martin Finé, Saarlouis

Vom Lachen

der Lobby

Die Lobby lässt grüßen. Das Lachen ihrer Vertreter über die von der Regierung angekündigten verschärften Kontrollen und Strafen zum Schutz der Bürger, ist nicht zu überhören. Die Bundesregierung macht sich schuldig an jenen, zu deren Wohl sie angetreten ist, um Schaden von ihnen abzuwenden. Kriminelle bereichern sich schamlos über die Volksgesundheit. Für deren Taten müssen letztlich die Bürger büßen. Die straffällig Gewordenen sollten lebenslang weggesperrt werden. Wir leben in einem System der organisierten Verantwortungslosigkeit. Daran wird sich aber nichts ändern, solange der Lobbyismus den Regierenden die Richtung der Politik vorgibt. Sehenden Auges verspielen sie die Zukunft.

Peter Loibl,

St. Ingbert-Hassel

Viel laue Luft

um nichts

Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner kündigt vollmundig konkrete Vorschläge zum Dioxin-Skandal an. Reichlich spät - und immer nach dem Motto "eventuell, vielleicht, wir werden mal sehen". Diese Floskeln wurden auch schon bei der Abzocke von Telefon-Servicenummern gewählt. Wo sich aber nichts getan hat. Es bleibt nun abzuwarten, ob die Ministerin dieses Mal etwas von ihren "konkreten Vorschlägen" umsetzt. Andernfalls wird es wieder ein Schuss in den Ofen - und somit viel laue Luft um nichts.

Bernhard Rath, Bexbach

Wie vorsätzliche

Körperverletzung

Irgendein Bundestagsausschuss kommt zu einer Sondersitzung zusammen, Frau Aigner ist empört, überlegt und denkt über Konsequenzen nach, die Behörden wiegeln ab und warnen vor Panikmache. Weil ja - wie immer - zu keiner Zeit eine Gesundheitsgefährdung bestanden hat. Und die Verursacher der Schweinerei lachen sich - auch wie immer - halb tot. Das war's. Zurück zur Tagesordnung. Dass gesetzliche Regelungen und härtere Strafen kommen müssen, kann meiner Meinung nach nur der zweite Schritt sein. Zuallererst hätte der Betrieb der betreffenden Firma eingestellt werden müssen, die Betriebskonten und Vermögenswerte hätten beschlagnahmt werden müssen und die Verantwortlichen hätten in Untersuchungshaft gehört. Oder ist das hier etwa keine wissentlich in Kauf genommene Gesundheitsgefährdung der Verbraucher? Für mich ist das vorsätzliche Körperverletzung.

Hermann Braun, Völklingen

Es fehlt die richtige

Abschreckung

Ich bin immer wieder erstaunt, was es so gibt. Meiner Meinung nach ist es notwendig, die Strafen generell zu erhöhen. Die Straftaten nehmen überhand, weil es keine richtige Abschreckung gibt. Kleine Betrüger haben kaum Angst, erwischt zu werden. Große Betrüger, die schuld sind, dass die Allgemeinheit für ihre Fehler oder Taten aufkommen muss, kommen oft ungeschoren davon. Ernst wird es, wenn Verantwortliche nicht mehr wissen, was heutzutage alles möglich ist, wenn etwa die Nahrung extrem verändert wird. Im Nachhinein wird vieles entdeckt. Aber bei höheren Strafen wären "Erfinder" und Betrüger viel vorsichtiger.

Bernd Mang, Saarbrücken

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