IS-Terror trifft Indonesien ins Herz

Jakarta · Es ist der erste Anschlag von Terroristen des „Islamischen Staates“ in Indonesien. Schwer bewaffnet fallen sie in der Hauptstadt ein. Gibt es dort mehr Anhänger radikaler Ideologien als gedacht?

. Ein Polizist in Zivil steht mit gezogener Waffe vor den Fetzen, die eine Detonation übrig gelassen hat. Ein lila Schuh liegt auf der Straße. Um die Ecke ducken sich Polizisten hinter einem Auto, um nicht in die Schusslinie der Attentäter zu geraten. Einer ihrer Kollegen liegt reglos auf dem Asphalt. Der Terror ist gestern zurückgekehrt in die indonesische Metropole Jakarta , Hauptstadt des bevölkerungsreichsten muslimischen Landes der Welt.

Die Indonesier stehen unter Schock. Sie glaubten, die Extremisten seien verschwunden. 2009 war der letzte Anschlag in Jakarta mit sieben Toten. Doch jetzt geht das Gespenst der brutalen Terrormiliz Islamischer Staat (IS) um. Die Ex tremisten bekennen sich zum Anschlag bei dem erneut sieben Menschen sterben. "Der IS hat Zellen in Südostasien, auch in Indonesien", sagt der Polizeichef. Präsident Joko Widodo beschwört seine Landsleute: "Wir werden uns nicht von diesen Terroranschlägen in die Knie zwingen lassen."

Die Täter haben das Herz der Stadt getroffen: Jalan Thamrin, hier steht ein Wolkenkratzer-Büroturm neben dem nächsten, die großen Hotelketten haben ihre Häuser hier und Botschaften sind in der Nachbarschaft, auch die deutsche. Am Einkaufszentrum sind ein McDonald's-Restaurant und ein Starbucks-Café, hier holen sich Angestellte auf dem Weg ins Büro wie jeden Morgen ihren "Coffee-to-go". Da schlagen die Unbekannten zu. Die Indonesier kennen den Terror von Extremisten. Die Organisation Jemaah Islamiyah erstarkte nach dem Abgang von Diktator Suharto Ende der 90er Jahre, und sie hat mehrfach Ausländer ins Visier genommen. 2002 kamen bei Anschlägen auf Bali 202 Menschen ums Leben, viele davon Touristen, und 2009 starben in Jakarta bei Angriffen auf Hotels sieben Menschen. Die von Australiern trainierte Anti-Terror-Polizei "Detachment 88" gilt aber als Vorzeigebeispiel für effektive Terrorbekämpfer. Sie hat den Sumpf der Extremisten mit zahlreichen Festnahmen trockengelegt.

"Die Lage hat sich geändert: heute haben wir es weniger mit organisierten Gruppen als mit radikalisierten Einzeltätern zu tun", sagt Todd Elliott, Terrorexperte der Firma Concord Consulting in Jakarta , dem Sender BBC. Oder mit Zellen, die sich der Hass-Ideologie von Milizen wie dem IS verschreiben. Die radikale Bewegung aus dem Nahen Osten zieht auch Indonesier in ihren Bann. 500 kämpfen in Syrien und im Irak für den IS, schätzen die Behörden. Zum Vergleich: Das sind etwa so viele, wie aus Belgien in den IS-Kampf gezogen sind, nur hat Indonesien 250 Millionen Einwohner, Belgien elf Millionen.

Indonesien habe der Verbreitung radikaler Ideologien zu lange tatenlos zugesehen, meint der Politologe Adri Wanto von der Nanyang Technical-Universität in Singapur. Einer, der bis 2011 Hass predigen konnte, ist Abu Bakar Bashir. Seitdem sitzt er wegen Unterstützung eines Terrorübungslagers im Gefängnis. Vor Gericht kämpft er für seine Freilassung. "Die Ideologie muss mit einer Gegenlehre gestoppt werden, die für ein tieferes Verständnis der islamischen Grundsätze wirbt."

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