Iran pokert im Atomstreit

Teheran/Washington. Im Atomstreit mit dem Iran droht im neuen Jahr eine weitere Eskalation. US-Präsident Barack Obama unterzeichnete an Silvester ein Gesetz über den Militärhaushalt, das Sanktionen gegen die iranische Zentralbank vorsieht. Über die wickelt der Gottesstaat seine überlebenswichtigen Ölgeschäfte ab

Teheran/Washington. Im Atomstreit mit dem Iran droht im neuen Jahr eine weitere Eskalation. US-Präsident Barack Obama unterzeichnete an Silvester ein Gesetz über den Militärhaushalt, das Sanktionen gegen die iranische Zentralbank vorsieht. Über die wickelt der Gottesstaat seine überlebenswichtigen Ölgeschäfte ab. Teheran verkündete darauf am Neujahrstag einen weiteren Durchbruch für sein umstrittenes Atomprogramm: Erstmals sei es iranischen Wissenschaftlern gelungen, einen eigenen Kernbrennstab zu fertigen. Die anvisierten neuen US-Sanktionen richten sich gegen alle ausländischen Unternehmen und Banken, die mit der iranischen Zentralbank Geschäfte machen. Ziel ist es, Teheran mit Druck zur Aufgabe der Urananreicherung zu bewegen. Obama selbst hat Bedenken gegen das von den Republikanern im Kongress durchgedrückte Gesetz, weil er eine starke Verteuerung des Erdöls und negative Folgen für die US-Wirtschaft befürchtet. Er kann von den Sanktionen absehen, wenn sie aus seiner Sicht US-Sicherheitsinteressen zuwiderlaufen. Die iranische Handelskammer kritisierte Obamas Schritt und rief die europäischen Länder auf, den USA nicht zu folgen.Der im Iran gefertigte Brennstab sei in einem Forschungsreaktor in Teheran eingesetzt worden, erklärte die iranische Atomenergiebehörde nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Irna. Der Leichtwasserreaktor war noch zu Zeiten Schahs mit US-Hilfe gebaut worden. Er soll Material für medizinische Zwecke produzieren und benötigt angereichertes Uran. Der Westen sucht den Iran von der Urananreicherung abzubringen, weil sie auch eine Voraussetzung für den Bau von Kernwaffen ist.

Noch am Samstag hatte Teheran sich bereiterklärt, die seit fast einem Jahr auf Eis liegenden Gespräche über sein Atomprogramm wieder aufzunehmen. Sein Land sei gewillt, die Verhandlungen mit den fünf Vetomächten im UN-Sicherheitsrat sowie Deutschland fortzusetzen, sagte Außenminister Ali-Akbar Salehi. Der Westen reagierte zurückhaltend. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte von Teheran Taten statt Worte. "Es liegt im eigenen Interesse des Iran, endlich seine internationalen Verpflichtungen zu erfüllen und Transparenz beim Atomprogramm zu schaffen", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes.

Irans stellvertretender Marinekommandeur Mahmud Mussawi nahm gestern die Drohung zurück, die für Öltransporte wichtige Meerenge von Hormus zu blockieren. Ein solcher Schritt sei nur denkbar, wenn sein Land dazu gezwungen werde, sagte der Admiral der Nachrichtenagentur Isna. Doch er warnte: "Sollten unsere Interessen dort gefährdet werden, würden auch die Interessen anderer Staaten am Golf gefährdet."

Zugleich testete der Iran bei einem Seemanöver nach eigenen Angaben erfolgreich eine Mittelstreckenrakete. Vor dem Hintergrund dieser Tests gaben die USA am Wochenende die Lieferung von Abfangraketen an die Vereinigten Arabischen Emirate bekannt. Die iranischen Raketen könnten die Militäreinrichtungen der Amerikaner und ihrer arabischen Verbündeten am Persischen Golf gefährden. dpa

Meinung

Strafen wirken

Von SZ-MitarbeiterFriedemann Diederichs

Teheran folgt seit Jahren einem berechenbaren Verhaltensmuster. Wird der Druck der westlichen Demokratien zu stark, zeigen sich die Mullahs konzessionsbereit - mit einem einzigen Ziel: Zeit zu gewinnen. Auch die Meldungen des Wochenendes aus der Krisenregion passen zu dieser Strategie. Unterm Strich lassen diese Entwicklungen den Schluss zu: Teheran ist durch harte Strafen oder die Androhung selbiger zumindest noch teilweise steuerbar. Nachdem die USA die iranische Zentralbank ins Visier genommen haben, täte nun auch die EU gut daran, die beabsichtigten Strafbeschlüsse durchzuziehen - und nicht wieder dem Redeangebot eines Staates auf den Leim zu gehen, der den Westen oft genug an der Nase herum geführt hat.

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