Iraks Schicksal auf Messers Schneide

Bagdad · Die irakische Regierung startet nach eigenen Angaben eine Offensive gegen die Isis in den Städten Mossul und Tikrit. Währenddessen schickt US-Präsident Obama Soldaten ins Land und bereitet Luftschläge vor.

Nach dem massiven Vormarsch der Terrormiliz Isis bereiten die USA im Eiltempo Militärschläge im Irak vor. Die ersten der 300 Soldaten sollen laut "New York Times" bereits in den nächsten Tagen im Irak eintreffen und mögliche Ziele für Luftangriffe gegen die Terrormiliz prüfen. US-Präsident Barack Obama betonte nach einem Treffen mit Top-Sicherheitsberatern im Weißen Haus, es sollen keine Kampftruppen in den Irak zurückkehren. US-Kommentatoren zeigten sich aber skeptisch: Auch der Vietnamkrieg hatte seinerzeit mit der Entsendung von Militärberatern begonnen.

Eine Schlüsselfigur im Irak-Konflikt ist der umstrittene Regierungschef Nuri al-Maliki, der zu Beginn des Islamistensturms hilflos wirkte. Erst unter dem Druck der sunnitischen Milizen nahm der Schiit Gespräche mit führenden Vertretern der Minderheit auf. Die Sunniten werden seit Jahren von allen wichtigen politischen Posten ferngehalten. Der US-Präsident nahm Al-Maliki in die Pflicht. Es sei entscheidend, ob das tiefe Misstrauen zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden und politischer Opportunismus überwunden werden könne, sagte er. Auch der Iran könne hier konstruktiv mithelfen. Obama: "In diesem Moment steht das Schicksal des Iraks auf Messers Schneide." Der schiitische irakische Großajatollah Ali al-Sistani rief die "Iraker aller Glaubensrichtungen" erneut zum Kampf gegen Isis auf. Über einen Vertreter ließ er in der Stadt Kerbela verkünden: "Isis ist eine böse Kraft. Wenn wir sie heute nicht besiegen, werden wir das morgen bereuen." Iraks Regierung bereitete nach eigenen Angaben eine Offensive gegen Isis in den Städten Mossul und Tikrit vor. Nach Angaben aus Bagdad sollen sich inzwischen zwei Millionen Iraker freiwillig zum Kampf gegen Isis bereit erklärt haben, die bis 60 Kilometer an die stark gesicherte Hauptstadt heranrückte. Nach den USA hat auch Australien zum Schutz seiner Botschaft in Bagdad Soldaten in den Irak geschickt. Das Auswärtige Amt teilte derweil mit, es beobachte die Lage im Irak.

Für einen Militäreinsatz der USA gegen Isis wäre nach Einschätzung von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kein Mandat des Weltsicherheitsrates erforderlich. Die Lage im Irak verschlechtere sich täglich, sagte er der "Neuen Zürcher Zeitung". Das russische Außenministerium betonte, mögliche Luftschläge auf Ziele im Irak seien nur mit einem Mandat des UN-Sicherheitsrats legitim.

Nach UN-Angaben ist die Lage Hunderttausender Flüchtlinge Besorgnis erregend. Bislang hätten etwa eine halbe Million Frauen, Kinder und Männer aus Furcht vor Übergriffen der Islamisten die zweitgrößte irakische Stadt Mossul verlassen, teilte das UN-Büro für die Koordinierung von Nothilfe mit. Die Kinderhilfsorganisation Unicef rief für den Irak die höchste internationale Alarmstufe aus. Ohne Hilfe drohe eine humanitäre Katastrophe.

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