Interview Dirk Wiese „Russland muss verstärkt mithelfen, die Tat aufzuklären“

Der Russlandbeauftragte der Bundesregierung sieht trotz des Mordfalles eines Georgiers in Berlin Verbesserungen in den deutsch-russischen Beziehungen.

 Russland-Koordinator Dirk Wiese (SPD)

Russland-Koordinator Dirk Wiese (SPD)

Foto: obs/European Games 2019

Berlin Die Bundesregierung ist von den Äußerungen des russischen Präsidenten Putin zum Fall des in Berlin ermordeten Georgiers nicht überrascht. Russland müsse nach wie vor verstärkt mitarbeiten, um die Geschehnisse aufzuklären, so der Russlandbeauftragte der Regierung, Dirk Wiese (SPD). Es gelte darüber hinaus, die Beschlüsse des Ukraine-Gipfels auch nachhaltig umzusetzen.

Herr Wiese, der russische Präsident hat im Fall des ermordeten Georgiers „spiegelgenaue“ Reaktionen angekündigt. Besorgt Sie das?

WIESE Es überrascht uns jedenfalls nicht. Wir halten es nach wie vor für geboten, dass Russland verstärkt mitarbeitet, um den Fall aufzuklären. Das ganz besonders vor dem Hintergrund, dass der Generalbundesanwalt ja Ermittlungen in diesem Fall übernommen hat. Die Entscheidung, aufgrund der fehlenden Kooperation zwei russische Diplomaten auszuweisen, bleibt richtig.

Wie stark sind die deutsch-russischen Beziehungen belastet?

WIESE Es gibt eine ganze Reihe von Themen, in denen wir eine sehr unterschiedliche Auffassung und Wahrnehmung haben. Abseits dieses gravierenden Falls, der aufgeklärt werden muss, darf man allerdings auch nicht übersehen: Es gibt vieles, was sich in den deutsch-russischen Beziehungen in den letzten zwölf Monaten verbessert hat. Fortschritte im Normandie-Format, eine Intensivierung und Wiederaufnahme diverser Gesprächsformate oder die Kooperation im Rahmen des deutsch-russischen Themenjahres der Hochschulen und Wissenschaften. Dort, wo wir aber unterschiedlicher Auffassung sind, machen wird das auch klar.

Putin hat von einem „blutrünstigen Banditen“ gesprochen, der im Tiergarten ermordet wurde. Wie bewerten Sie die Äußerung?

WIESE Ich werde nicht die Wortwahl des russischen Präsidenten kommentieren. Die Tat muss jedoch dringend aufgeklärt werden.

Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer hat von Beweisen für die Verstrickung Moskaus gesprochen. Welche sind das?

WIESE Die Ermittlungen des Generalbundesanwalts laufen. Und zu laufenden Ermittlungen werden wir uns nicht äußern. Wie von der Bundesregierung klar dargelegt, fordern wir eine ernsthafte und unverzügliche Mitwirkung der russischen Behörden an der Aufklärung der Tat.

Wie tragfähig sind jetzt die Beschlüsse des Ukraine-Gipfels?

WIESE Es war ein gutes Signal, dass man sich im Normandie-Format wieder getroffen hat. Dass bis zum Jahresende eine Waffenruhe eintreten soll, ist richtig. Das hilft den betroffenen Menschen. Allerdings war das auch immer die erste Voraussetzung des Minsker Abkommens. Die Schritte, die beschlossen wurden, müssen jetzt auch nachhaltig umgesetzt werden. Damit endlich Frieden in der Region einkehrt.

Wer ist da mehr gefordert, die russische oder die ukrainische Seite?

WIESE Das Treffen in Paris war ja möglich geworden, nachdem insbesondere Präsident Selenskyj wichtige und mutige Schritte unternommen hat. Nun gilt es weiterhin, dass beide Seiten in Verantwortung stehen, an der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zu arbeiten.

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