Interview „Die jahrelange Blockade beim Lobbyregister rächt sich jetzt“

Berlin · Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD hält es für notwendig, dass die Union „den Weg für Reformen in Sachen Transparenz“ freimacht.

  Dass auch SPD-Abgeordnete in Masken-Deals verstrickt sind, hält Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider für „unvorstellbar“.

Dass auch SPD-Abgeordnete in Masken-Deals verstrickt sind, hält Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider für „unvorstellbar“.

Foto: imago images/Christian Spicker/imago stock

Der Parlamentsgeschäftsführer der SPD, Carsten Schneider, geht davon aus, dass keine SPD-Bundestagsabgeordneten in dubiose Masken-Deals verstrickt sind. Das Vorgehen der Union sei nicht ganz überzeugend, so Schneider im Gespräch mit unserer Redaktion.

Herr Schneider, was macht Sie so sicher, dass nicht auch SPD-Abgeordnete in Masken-Deals verstrickt sind?

SCHNEIDER Für meine Fraktion ist es nach wie vor unvorstellbar, dass ein Mandatsträger das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger verletzt, indem er Kapital aus einer Pandemie schlägt. Das entspricht nicht den Grundwerten der Sozialdemokratie.

Gibt es seitens der SPD-Fraktion Überlegungen, die eigenen Abgeordneten zu mehr Transparenz zu verpflichten?

SCHNEIDER Für unsere Mitglieder ist keine Überzeugungsarbeit notwendig, damit sie sich für mehr Transparenz einsetzen. Die gesamte Fraktion setzt sich nicht erst seit Beginn dieser Wahlperiode zum Beispiel für das Lobbyregister und die Reform der Transparenzregeln ein. Viele unserer Abgeordneten veröffentlichen außerdem jetzt schon weitergehende Informationen über mögliche Nebeneinkünfte.

Wie bewerten Sie das Vorgehen der Union?

SCHNEIDER Die Unionsführung bemüht sich derzeit, Ordnung in ihre Reihen zu bekommen. Dabei ist ihr Vorgehen nicht ganz überzeugend. So soll es nur einen fraktionsinternen Verhaltenskodex geben. Es ist aber offensichtlich, dass wir einheitliche verbindliche Regeln für alle Bundestagsabgeordneten brauchen. Die jahrelange Blockade von CDU und CSU beim Lobbyregister rächst sich jetzt. Darüber kann auch die Empörung nicht hinwegtäuschen.

Heißt das, Sie vertrauen Unionsfraktionschef Brinkhaus und CDU-Chef Laschet nicht?

SCHNEIDER Die Union muss jetzt beweisen, ob sie es ernst meint. Da sind jetzt aber mehr als Worte von Herrn Laschet und Herrn Söder gefragt. Die Nominierung von Amthor als Spitzenkandidat in Mecklenburg-Vorpommern ist dabei leider kein gutes Zeichen. Die kommenden Tage werden entscheidend sein. CDU und CSU müssen endlich den Weg für Reformen in Sachen Transparenz freimachen. Die interne Aufklärung und Aufarbeitung ist eine zusätzliche Aufgabe der CDU/CSU-Fraktion.

Was muss der Bundestag insgesamt tun, damit sich solche Fälle nicht wiederholen?

SCHNEIDER Die SPD-Fraktion hat konkrete Vorschläge zur Erhöhung der Transparenz im Bundestag vorgelegt. Wir müssen dringend die Transparenzregeln für Bundestagsabgeordnete verschärfen. Wir brauchen klare und verbindliche Regeln bei der Anzeige und Veröffentlichung von Nebentätigkeiten und Nebeneinkünften von Bundestagsabgeordneten. Es darf nicht mal der Eindruck entstehen, dass Abgeordnete des Deutschen Bundestages käuflich wären.

Transparenz ist das eine, Lobbyismus aber das andere.

SCHNEIDER Auch für den Umgang mit Lobbyismus ist ein effektives Regelwerk unabdingbar. Hierzu gehört auch die Einführung des sogenannten exekutiven Fußabdrucks. Außerdem wollen wir die Veröffentlichungspflicht für Parteispenden verschärfen. Die nach Paragraph 108e StGB strafbare Bestechung und Bestechlichkeit von Mandatsträgern hat außerdem offensichtlich nicht die erwünschte Appellfunktion erreicht. Wir wollen, dass diese Delikte künftig als Verbrechen eingestuft werden.

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