Internetriesen laufen Sturm gegen EU

Brüssel. Facebook, Google, Microsoft und Co. laufen Sturm gegen die EU. "Wir erleben gerade eine der größten Lobbying-Kampagnen, die die Welt je gesehen hat", sagt Joe MacNamee, Direktor des Dachverbandes der europäischen Bürgerrechtsorganisationen EDRi in Brüssel

Brüssel. Facebook, Google, Microsoft und Co. laufen Sturm gegen die EU. "Wir erleben gerade eine der größten Lobbying-Kampagnen, die die Welt je gesehen hat", sagt Joe MacNamee, Direktor des Dachverbandes der europäischen Bürgerrechtsorganisationen EDRi in Brüssel. Der Auslöser beschäftigt nun die Justizminister der Gemeinschaft ebenso wie das Europäische Parlament: die neue Datenschutz-Richtlinie der Union. 17 Jahre alt sind die bisherigen Vorschriften, damals steckte das Internet noch in den Kinderschuhen. Inzwischen beherrschen jene Unternehmen den Markt, die die Privatsphäre am liebsten abschaffen und persönliche Daten der Nutzer erfassen, speichern und weiterverkaufen würden - ohne jede Einschränkung.Seitdem Grundrechte-Kommissarin Viviane Reding vor einem Jahr den ersten Vorschlag für eine Novellierung präsentierte, gehen die Konzerne auf die Barrikaden. Vor allem das von der Luxemburgerin geforderte "Recht auf Vergessen", also die vollständige Löschung von persönlichen Informationen, wollen sie verhindern. Die bisherige Praxis beispielsweise bei Facebook, wo die Daten nur nicht mehr angezeigt werden, reicht Reding nicht. Außerdem soll ein Konzern auch sicherstellen, dass nach einem Antrag auf Löschung nicht nur die eigenen Speicher gesäubert werden. Die personenbezogenen Angaben sollen auch von den Rechnern Dritter verschwinden, denen sie zwischenzeitlich überlassen wurden. Wer leichtfertig durch einen Hackerangriff persönliche Angaben "verliert", soll bestraft werden - mit einem Bußgeld, das bis zu zwei Prozent des weltweiten Umsatzes betragen kann.

"Die Verordnung schützt die Daten der Bürger in vielen Punkten besser als das deutsche Gesetz", lobt der Grünen-Politiker Jan Philipp Albrecht als verantwortlicher Berichterstatter des Europäischen Parlamentes den Entwurf. Das Papier droht aber zerfleddert zu werden. Gestern wurde ein Entwurf der irischen Ratspräsidentschaft bekannt, die es beispielsweise den Aufsichtsbehörden erlauben soll, "andere, mildernde Umstände bei der Festlegung von Sanktionen ins Kalkül zu ziehen". Aus "Strafen sollen Rügen" werden. Der Vorstoß komme, so argwöhnt man in Brüssel, wohl nicht zufällig aus Dublin. Denn auf der grünen Insel haben praktisch alle US-Internetkonzerne ihre EU-Zentralen. Aber auch andere Mitgliedstaaten drängen darauf, die strenge Vorlage weiter zu verwässern.

Facebook, Google und Co. gehen die EU-Pläne auf jeden Fall zu weit. Eduardo Ustaran von der US-Anwaltskanzlei Field Fisher Waterhouse drohte sogar mit zusätzlichen Kosten für die Nutzer, sollte die EU ernst machen. "Wenn die Dienste Daten nicht auf profitable oder für sie nützliche Weise verwenden dürften, müssten die Nutzer entweder dafür bezahlen oder aufhören, den Dienst zu nutzen", erklärte der Jurist. dr Foto: afp