"Inszenierung" in Damaskus

Doha. Ein Mitglied der arabischen Beobachtermission in Syrien hat der Staatsführung schwere Verbrechen gegen das eigene Volk vorgeworfen und seinen Rücktritt eingereicht. Der Algerier Anouar Malek beschuldigte Damaskus gestern, die Beobachter der Arabischen Liga getäuscht und die ihnen gezeigten Dinge "inszeniert" zu haben

 Baschar al-Assad winkt bei einer Kundgebung seinen Anhängern zu. Foto: Badawi/dpa

Baschar al-Assad winkt bei einer Kundgebung seinen Anhängern zu. Foto: Badawi/dpa

Doha. Ein Mitglied der arabischen Beobachtermission in Syrien hat der Staatsführung schwere Verbrechen gegen das eigene Volk vorgeworfen und seinen Rücktritt eingereicht. Der Algerier Anouar Malek beschuldigte Damaskus gestern, die Beobachter der Arabischen Liga getäuscht und die ihnen gezeigten Dinge "inszeniert" zu haben. Präsident Baschar al-Assad versprach derweil vor zehntausenden Anhängern einen "Sieg über das Komplott".Die syrische Regierung verübe "nicht nur ein Kriegsverbrechen, sondern eine ganze Reihe von Verbrechen gegen das Volk" sagte Malek in einem Interview mit dem katarischen Fernsehsender al-Dschasira. Sie habe sich bisher an keinen Punkt des Plans der Arabischen Liga gehalten. Anders als zugesagt, würden die Panzer nicht von den Straßen abgezogen, sondern lediglich versteckt und nach dem Weggang der Beobachter wieder in Stellung gebracht. "Die Gefangenen werden gefoltert, niemand wurde freigelassen", fügte Malek hinzu. Stattdessen seien Menschen auf der Straße festgenommen und den Beobachtern als freigelassene Gefangene vorgeführt worden. Die syrische Regierung habe überdies "Spione und Mitglieder der Geheimdienste" als Fahrer und Begleiter der Beobachter engagiert. "Sobald wir einen Bezirk verließen, wurden die Leute dort angegriffen." Besonders katastrophal sei die Lage in Homs, einer Hochburg des Aufstandes gegen Assad.

Die Beobachter, die sich seit dem 26. Dezember in Syrien aufhalten, sollen zu einem Ende des blutigen Konflikts beitragen. Der arabische Staatenbund will die Freilassung von Gefangenen, den Rückzug der syrischen Armee aus den Städten und einen freien Zugang für Beobachter und Journalisten erreichen. Die Arabische Liga hatte der syrischen Führung gestern vorgeworfen, ihre Beobachter nicht genügend zu schützen. Der Generalsekretär der Liga, Nabil al-Arabi, erklärte, mehrere Mitglieder der Beobachtermission seien verletzt worden.

Unterdessen ist ein französischer Journalist des Fernsehsenders France 2 TV in der syrischen Stadt Homs getötet worden. Das teilte der Sender gestern mit. Der Journalist Gilles Jacquier sei zum Zeitpunkt seines Todes auf einer von der syrischen Regierung genehmigten Reportagereise durch das Land gewesen. Nach Angaben des Senders wurde Jacquier durch Artilleriefeuer oder Raketenbeschuss getötet.

 Baschar al-Assad winkt bei einer Kundgebung seinen Anhängern zu. Foto: Badawi/dpa

Baschar al-Assad winkt bei einer Kundgebung seinen Anhängern zu. Foto: Badawi/dpa

Die Bundesregierung zeigte sich derweil enttäuscht über Assads Fernsehauftritt am Dienstag. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Assad habe "keine Kompromissbereitschaft" und "kein neues Denken" erkennen lassen. afp/dapd

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