„Wir werden diese Vertrauenskrise überstehen“

Saarbrücken/Berlin · Regierungskoordinator Mißfelder hält die amerikanische „Fuck the EU“-Äußerung für einen Ausrutscher Philipp Mißfelder ist nicht nur Chef der Jungen Union und außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, sondern seit kurzem auch Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen. Der 34jährige war gerade von Gesprächen in Washington zurückgekehrt, als unser Korrespondent Werner Kolhoff ihn nach der umstrittenen „Fuck the EU“-Äußerung der stellvertretenden amerikanischen Außenministerin Victoria Nuland befragte.

"Fuck the EU" - Ist das der Ton und die Denke in Washington?
Philipp Mißfelder: Die meisten amerikanischen Spitzendiplomaten denken nicht so und reden nicht so. Ich kann mich nur den Worten der Bundeskanzlerin anschließen, dass das absolut inakzeptabel ist.

Ärgert man sich in Washington mehr über den Spruch oder über die Tatsache, dass er herausgekommen ist?
Philipp Mißfelder: Über letzteres. Es ist peinlich für die Administration, dass dies möglich war. Vor dem Hintergrund von Wikileaks und NSA gibt das kein schönes Bild. Die amerikanische Regierung ärgert sich sicherlich auch darüber, dass sich eine Spitzendiplomatin so unvorsichtig geäußert hat. Denn es ist doch klar, dass jemand wie Victoria Nuland unter permanenter Überwachung steht, besonders, wenn sie sich in der Ukraine aufhält.

Glauben Sie auch, dass es die Russen waren?
Philipp Mißfelder: Das ist bloß eine Vermutung und ich möchte eine solche Unterstellung ohne Beweise nicht machen.

Es ist ja auch ein Telefonat der stellvertretenden EU-Außenbeauftragten Helga Schmidt öffentlich geworden, die sich wiederum kritisch über die Ukraine-Politik der USA äußert. Ist die Kluft bei diesem Thema tatsächlich so tief?
Philipp Mißfelder: Nein, die ist nicht vorhanden. Das war wohl eher eine Sache des täglichen Politikmanagements, wo schon mal Reibungen entstehen. In der großen Linie sind sich EU und Amerika einig: Sie wollen eine friedliche Lösung und keine Intervention von außen. Sie wollen keine Entweder-Oder-Lösung erzwingen. Die Zerrissenheit der Ukraine ist uns allen bekannt.

Wenn Frau Nuland in dem Telefonat sagt, dass sie Vitali Klitschko nicht in einer neuen Regierung sehen möchte, dann ist das sehr wohl eine Einmischung von außen.
Philipp Mißfelder: Es handelte sich hier eher um persönliche Präferenzen als um eine gezielte Einmischung. Bei der Sicherheitskonferenz im München haben sich gerade die Amerikaner darum bemüht, Vitali Klitschko so gut und höflich wie möglich zu empfangen.

Die "Fuck-EU"-Affäre ist nicht der einzige Grund für transatlantischen Missmut. Dazu kommt ja auch die NSA-Abhöraffäre. Muss Angela Merkel bei ihrer bevorstehenden Reise in die USA mal etwas deutlicher Klartext reden?
Philipp Mißfelder: Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht jedes kritische Thema schon seit langem öffentlich selbstbewusst an. Ich bin sicher: Amerika und Europa werden diese Vertrauenskrise, durch die wir gerade gehen, gemeinsam durchstehen.

Hat die Krise vielleicht auch eine Ursache darin, dass die Sensibilität der Amerikaner für Europa unter Obama geringer geworden ist, weil sie mehr in Richtung Pazifik blicken?
Philipp Mißfelder: Das sehen viele Europäer bei Obama und seiner Administration in der Tat kritisch. Allerdings muss ich Frau Nuland an diesem Punkt ausnehmen: In Washington ist sie eine derjenigen, die Europa mit am besten kennen und sich sehr für Europa einsetzen. Ich glaube, der Satz war ein einmaliger Ausrutscher. Sie hat sich entschuldigt und damit ist das auch gut.

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