Armin Laschet vs. Markus Söder Wie es in der offenen K-Frage der Union nun weitergeht

Berlin · Die vergangenen Woche ist trotz selbst gesetzter Frist abgelaufen. Eine Einigung über die Kanzlerkandidatur der Union gibt es bislang noch nicht. Am Montag traten sowohl CDU-Chef Armin Laschet als auch CSU-Chef Markus Söder vor die Kameras - mit ganz unterschiedlichen Signalen

CDU-Chef Armin Laschet trat am Montag vor dem Konrad-Adenauer-Haus vor die Presse. Ein Einigung mit CSU-Chef Markus Söder in der K-Frage hatte er noch nicht zu verkünden.

CDU-Chef Armin Laschet trat am Montag vor dem Konrad-Adenauer-Haus vor die Presse. Ein Einigung mit CSU-Chef Markus Söder in der K-Frage hatte er noch nicht zu verkünden.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Die Woche der Entscheidung über die Kanzlerkandidatur der Union ist abgelaufen - allerdings ohne Entscheidung. CDU-Chef Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder ringen nach wie vor darum, wer die beiden Schwesterparteien durch den Wahlkampf führen soll. Am Montag traten beide Anwärter vor die Kameras, am Montagabend berief Laschet sein Präsidium zu einer kurzfristigen Sondersitzung ein.

Wie sind derzeit die Kräfteverhältnisse zwischen CDU-Chef Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder?

Trotz wachsender Unterstützung für seinen Konkurrenten Markus Söder zeigte Armin Laschet sich am Montag kämpferisch. Der CDU-Chef trat bei einem kurzfristig anberaumtem Pressetermin vor die Kameras, um der frisch gekürten Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock zu gratulieren, doch seine eigentliche Botschaft richtete er nach München. „Wir müssen menschlich fair miteinander umgehen, das muss man ohnehin in Wahlkämpfen“, sagte Laschet. Als abschreckendes Beispiel nannte die „polarisierten Wahlkämpfe“ und die tiefe Spaltung der Gesellschaft in den USA. Laschets Anspielung auf den Populisten Donald Trump lässt sich zugleich als Seitenhieb gegen Söder verstehen, dem im Rennen um die Kanzlerkandidatur auch ein populistisches und spalterisches Agieren vorgeworfen wird. Laschet jedenfalls machte keine Andeutungen, seinerseits auf die Kanzlerkandidatur zu verzichten. Für Montagabend berief er den CDU-Bundesvorstand zu einer digitalen Sondersitzung ein, wohl in der Erwartung, sich dort ein erneut klares Votum für seine Kandidatur abzuholen.

CSU-Chef Markus Söder trat am Montag betont versöhnlich auf - auch in dem Wissen, dass er in den vergangenen Tagen immer mehr Zuspruch aus den Reihen der Schwesterpartei geerntet hatte. „Wir als CSU und auch ich respektieren jede Entscheidung“, sagte Söder am Montag nach einer ebenfalls kurzfristig einberufenen Sitzung des CSU-Präsidiums. Dabei wiederholte er auch seine Bereitschaft zu kandidieren, „wenn eine breite Mehrheit der CDU“ dies wolle. Söder bezeichnete seine Bereitschaft als „Angebot“ an die CDU. „Aber die Entscheidung darüber, ob dieses Angebot angenommen werden kann oder nicht, das kann nur die CDU letztlich entscheiden.“ Die CDU sei die große Schwester, betonte Söder.

Was bedeutet die ergebnislos abgelaufene Frist bei der Entscheidung über die Kanzlerkandidatur?

Nachdem auch das jüngste Aufeinandertreffen von Laschet und Söder am Sonntagabend ohne Ergebnis verlief, haben die beiden Anwärter ihre selbst gesetzte Frist bis zum Ende der zurückliegenden Woche versäumt. Der Aufschub spielt bislang vor allem Markus Söder in die Hände. Am Sonntag positionierte sich die Junge Union (JU) mit großer Mehrheit für Söder: 14 von 18 JU-Landesvorsitzende sprachen sich für den CSU-Chef aus. Auch die Berliner CDU bekräftigte am Sonntag erneut ihre Unterstützung für Söder. Diese beiden Positionierungen stehen beispielhaft für eine ganze Reihe an Bekundungen für Markus Söder in den vergangenen Tagen.

Der Chef des Parlamentskreises Mittelstand (PKM) in der Unionsfraktion, Christian von Stetten (CDU), wies am Montag dann auch Forderungen aus seiner Partei nach einem Rückzug von Markus Söder zurück. „Es gibt keinen Grund für Markus Söder zurückzuziehen", sagte von Stetten unserer Redaktion. "Die CDU-Kreisverbände von der Nordsee über den Osten bis zum Bodensee wollen ihn als Kanzlerkandidaten."

Der Chef-Haushälter der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg, hingegen riet Söder, seine Ambitionen aufzugeben. „Ich erwarte, dass Markus Söder heute zurückzieht. Die CDU Deutschlands hat einen klaren Anspruch auf die Kanzlerkandidatur", sagte Rehberg unserer Redaktion. Alleine diese beiden Äußerungen aus der CDU zeigen, wie tief die Gräben mittlerweile sind.

Der bayerische Finanzminister und Söder-Vertraute Albert Füracker (CSU) appellierte am Montag an die große Schwesterpartei, sich für den Kanzlerkandidaten mit den besten Erfolgsaussichten bei der Bundestagswahl zu entscheiden. „Ich kann nur an die CDU appellieren, noch einmal in sich zu gehen, die Ereignisse der letzten Woche noch einmal zu überdenken und jetzt eine Entscheidung im Sinne dessen zu treffen, wie wir die Wahl im Herbst am besten gewinnen können. Darauf kommt es jetzt an“, sagte Füracker unserer Redaktion.

Kommt es nun zur Kampfabstimmung in der Bundestagsfraktion?

Das ist bislang noch offen. Alle Blicke richteten sich zunächst auf die Sondersitzung des CDU-Bundesvorstandes am Montagabend. Sollte es dort allerdings zu keiner Entscheidung oder zu keinem eindeutigen Abstimmungsergebnis kommen, könnte die Entscheidung tatsächlich in die Fraktionssitzung an diesem Dienstag getragen werden. Die Forderungen, die Fraktion einzubeziehen, waren zuletzt immer lauter geworden. Derzeit kursiert bereits die zweite Unterschrifteinliste unter Unionsabgeordneten, die eine Entscheidung in der Fraktion erzwingen wollen - auch mit dem Argument, die Fraktion sei das einzige gemeinsame Gremium von CDU und CSU.

Besonders brisant für Laschet: Auch der Rückhalt in den CDU-Führungsgremien war zuletzt gebröckelt. Hatte es am vergangenen Montag noch ein einhelliges Meinungsbild für den CDU-Chef gegeben, waren mit Reiner Haselhoff (Sachen-Anhalt) und Tobias Hans (Saarland) in der zurückliegenden Woche zwei Ministerpräsidenten und Präsidiumsmitglieder von Laschet abgerückt. Die CDU-Vize-Vorsitzende Julia Klöckner, ebenfalls Präsidiumsmitglied und bisher klare Laschet-Unterstützerin, hatte am Montag ihren Landesverband in Rheinland-Pfalz einberufen, um dort ein „Meinungsbild“ einzuholen. All das sind keine guten Signale für Laschet.

Welche weiteren Szenarien sind im Gespräch?

Je länger sich die Entscheidung hinzieht, desto mehr Vorschläge zur Lösung des Konflikts sind im Umlauf. Diskutiert wurde etwa, dass im Falle einer Kanzlerkandidatur Söders ein Super-Ministerium für Laschet gezimmert werden könnte. So wurde kolportiert, dass das Auswärtige Amt etwa um Entwicklungshilfe- und Europa-Kompetenzen erweitert werden könnte. Auch Abstimmung unter allen Kreisvorsitzenden der CDU oder gar eine Mitgliederbefragung standen im Raum. Letztere fällt wohl aus rein zeitlichen Gründen flach, eine solche Befragung der gesamten Basis würde zu lange dauern. Für keines dieser Szenarien gibt es derzeit realistische Chancen zur Umsetzung.

Wie groß ist der Schaden für die Union schon jetzt?

In diesen Tagen des offenen Machtkampfes waren Nervosität, Ratlosigkeit und Verzweiflung zunehmend gewachsen. Selbst Söder machte am Montag keinen Hehl daraus, dass die zurückliegende Woche „nervenaufreibend“ gewesen sei. Einen dauerhaften Schaden für die Union wollte der CSU-Chef hingegen nicht sehen. Wenn der Prozess „mit Stil und Anstand“ am Ende zu einem Ergebnis führe, „dann glaube ich, wird es uns eher möglicherweise sogar stärken, weil es auch eine Selbstvergewisserung ist, die jetzt stattfindet“, sagte Söder. Sein Vertrauter Albert Füracker betonte gegenüber unserer Redaktion, dass seine Partei sich in dem Wettbewerb nichts vorzuwerfen habe. „Wir haben die Woche nicht dazu genutzt, CDU-Mitglieder oder den Parteivorsitzenden zu diskreditieren. Es gab keine verletzenden oder ehrabschneidenden Vorwürfe seitens des CSU“, betonte Füracker.

Eine andere Einschätzung gibt Chef-Haushälter Rehberg ab. „Die Entscheidung muss jetzt binnen weniger Stunden geklärt werden, weil der Schaden für die Union insgesamt sonst immer größer wird", sagte der CDU-Politiker am Montag. Ähnlich hatte sich der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Carsten Linnemann (CDU) bereits am Sonntag geäußert. „Was wir jetzt brauchen ist eine gemeinsame Lösung und keine Kampfabstimmung in der Fraktion. Ansonsten drohen Gräben aufgerissen zu werden, die sich nur schwer wieder zuschütten lassen“, sagte Linnemann den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Der scharfe Kontrast zu den Grünen ist für CDU und CSU derzeit nicht zuträglich: Die Grünen hatten ihre Kanzlerkandidatur am Montag bekanntgegeben, geräuschlos und einvernehmlich.

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